Bildungsregion
Fachtag Jugendberufsagentur – von der Idee zur Praxis

Eine Jugendberufsagentur für Kiel - was soll sie leisten und wie soll sie arbeiten? Der Fachtag am 3. September 2018 brachte Antworten.

Kiel baut eine Jugendberufsagentur auf, um junge Menschen nach der Schule zielgerichteter in Ausbildung oder Studium begleiten zu können. Auf dem Weg ist der Austausch mit anderen Städten und Kommunen in gleicher Situation spannend.

Aus Fehlern und Erfolgsfaktoren anderer zu lernen war das Motto eines bundesweiten Fachtages, zu dem das Bildungsdezernat der Landeshauptstadt Kiel gemeinsam mit den Ländern Schleswig-Holstein und Hamburg eingeladen hat. Die Arbeitsgemeinschaft Weinheimer Initiative begleitete den Fachtag.

140 Teilnehmer*innen aus schleswig-holsteinischen Kommunen und Kreisen, aus Hamburg und sogar aus anderen Bundesländern wie Niedersachsen, Baden-Württemberg und Berlin trafen sich am 3. September 2018 zum ganztägigen Fachtag „Jugendberufsagentur – von der Idee zur Praxis“ in der Kieler Sparkassen-Arena.

Es wurde sehr engagiert in vielen Workshops diskutiert, unter anderem über Fragen zur Organisationsform, zum Datenschutz, zu Faktoren von Erfolgsmessung oder auch zur Frage der passgenauen Ansprache Jugendlicher und ihrer Eltern. Auch die Frage, wie mehr Jugendliche für duale Ausbildungsgänge begeistert werden könnten, wurde besprochen.


Zusammenfassung der Workshops

Stadträtin Renate Treutel eröffnete stellvertretend für den Oberbürgermeister der Landeshaupstadt Kiel, Ulf Kämpfer, den Fachtag und ermunterte als Bildungsdezernentin zu hilfreichen Impulsen, konkreten Praxisbeispielen und Diskussionen zu Fragestellungen, die viele Teilnehmende bewegen. Niemand muss das Rad neu erfinden, wenn es beispielsweise um das Thema Datenschutz geht, oder wenn Schulen, Arbeitsagentur und Betreuer in Familien an einem Strang ziehen wollen, um junge Menschen und deren Eltern zu unterstützen.

Wirtschaftsminister Dr. Bernd Buchholz stellte für Schleswig-Holstein die Notwendigkeit heraus, jungen Menschen eine passende und zukunftsträchtige Perspektive zu bieten. Der Fachkräftemangel sei vielerorts Realität und es sei dringliche Aufgabe, diesem entgegenzuwirken. Er habe große Hoffnungen in die Arbeit der Jugendberufsagenturen. Margit Haupt-Koopmann von der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit bekräftigte ebenfalls die Wichtigkeit der Jugendberufsagenturen zur Erfüllung der Fachkräftesicherung.

Hamburg war 2013 das erste Bundesland, in dem flächendeckend Jugendberufsagenturen eingerichtet wurden. Erfolgsfaktor war laut Senator Ties Rabe eine gleichzeitige umfassende Bildungsreform mit einem verpflichtenden 11. Schulbesuchsjahr, wenn kein Ausbildungsplatz gefunden wurde. Durch die vielfältigen Anstrengungen gelang es seither, die Anschlussperspektiven von Jugendlichen nach der Schule zu verbessern.

 

Referent Matthias Müller vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) stellte die Situation aus der Sicht von jungen Menschen dar, die an einer entscheidenden Lebensphase stehen. Er zeigte auf, was der Jugend in einer immer komplexer werdenden Ausbildungs- und Studiumslandschaft abverlangt wird. Jugendliche würden ihre Verantwortung für die eigene berufliche Orientierung sehr ernst nehmen - trotzdem seien viele verunsichert, was die eigene berufliche Zukunft angehe.

Den gesamten Vortrag finden Sie hier.

Heiner Bernhard, Vorsitzender der Weinheimer Initiative und Oberbürgermeister a.D. der Stadt Weinheim, betonte die bedeutende Rolle der Kommune, um alle Partner rund um die jungen Menschen in ein abgestimmtes Unterstützungsnetzwerk einzubinden.

Kiel sei ein gutes Beispiel dafür. Besonders hob er auch den Weg der Kieler hervor, in der JBA dorthin zu gehen, wo die jungen Menschen sind und nicht nur auf ein zentrales Gebäude zu setzen. In Kiel wurden bereits JBA-Treffpunkte in den drei regionalen Berufsbildungszentren eingerichtet, ein zentraler JBA-Standort folgt 2019.

 

Die Workshopleitung lag bei Moritz Lorenzen, Bildungsmanager und -planer in Bad Segeberg.

In dem Workshop " Alle unter einem Dach? - Organisationsstruktur und Institutionalisierung" wurden die JBA-Beispiele Hamburg und Kreis Segeberg vorgestellt und diskutiert. Dabei zeigte sich, dass auch ein ländlicher Kreis mit zentralen Anlaufstellen die rechtskreisübergreifenden Angebote unter einem Dach gut bündeln kann. Den Unterschied macht die Beteiligung der Landesstrukturen, insbesondere des Bildungssektors.

In Hamburg waren und sind die Verantwortlichen für den Bildungsbereich auch entscheidende Promotoren für die Weiterentwicklung der JBA Hamburg. So wurde an zentraler Stelle das schulische Übergangssystem angepasst und neu ausgerichtet, damit wirklich kein Jugendlicher verloren geht. Nach Einschätzung der Workshopteilnehmerinnen und -teilnehmern fehlt in Schleswig-Holstein diese Anpassung weitestgehend. Die Teilnehmenden wünschen sich eine stärkere Beteiligung des Bildungsministeriums, um die lokalen JBA-Standorte in den Kreisen und kreisfreien Städten bei der lückenlosen Übergangsgestaltung zu unterstützen.


Die Herausforderung in Schleswig-Holstein bleibt daher die kommunale Koordinierung ohne die benötigte Unterstützung des Bildungssektors. Wo Hamburg als Stadtstaat eine strategische Entwicklung des Übergangs von der Schule in Ausbildung, Studium und Beruf mit allen Institutionen anstrebt, ist in Schleswig-Holstein noch vieles von den lokalen Akteuren abhängig. Eine Landesstrategie unter Einbeziehung der lokalen Jugendberufsagenturen fehlt aus Sicht des Teilnehmerkreises derzeit und behindert die Weiterentwicklung nachhaltig.

Der Workshop wurde geleitet von Jürgen Ströh, Leiter und Geschäftsführer des RBZ Technik Kiel.

Hier finden Sie die verwendeten Powerpointpräsentation.

Der Workshop wurde geleitet von Gero Scheuermann, Teamleiter des Jugendlichen-Jobcenters in Kiel. In Kürze finden Sie hier die verwendeten Powerpointpräsentationen und eine kurze Zusammenfassung des Workshops.

Der Workshop wurde geleitet von Herr Dr. Wilfried Kruse, Koordinator Weinheimer Initiative.

Die verwendeten Powerpointpräsentationen stellen wir Ihnen hier gerne zur Verfügung.

Als Referentinnen waren in diesem Workshop zu Gast:

  • Daniela Marten, Verbindungslehrkraft für Berufs- und Studienorientierung, Theodor-Storm-Gemeinschaftsschule, Kiel
  • Margit Heitmann, Fachreferentin im Referat Fachkräftesicherung und zielgruppenorientierte Arbeitsmarktpolitik, Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, Hamburg

Die Workshopleitung lag bei Suse Lehmler, Koordinatorin des Übergangs Schule-Beruf-Studium, Referat Bildungsmanagement der Landeshaupstadt Kiel.

Die Referentin Daniela Marten führte aus, wie an ihrer Schule eine entsprechende Mediengestaltung, eingebettet in ein umfassendes Beratungskonzept, sowie verschiedene Beratungsangebote eines umfassenden Berufsorientierungsnetzwerks für die Arbeit mit Schülerinnen und Schülern sowie ihren Eltern genutzt werden.
Margit Heitmann informierte im Anschluss über Projekte in Hamburg, die sich verstärkt an junge Menschen nach der Schule richten, die über keine oder keine ausreichende Orientierung verfügen und einen niedrigschwelligen Zugang benötigen.


In anschließenden Kleingruppenarbeiten wurde deutlich, dass vor allem folgende Aspekte wichtig sind:

  • Beratung und Informationsangebote sollten institutionenübergreifend und ohne Rechtskreiszugehörigkeit stattfinden. Bei Angeboten für Eltern aus anderen Kulturkreisen wären zusätzlich Dolmetscher*innen und Kulturmittler*innen hilfreich bzw. notwendig.
  • Für die übergreifende Arbeit ist eine umfassende Vernetzung und aktive Zusammenarbeit aller Akteure im Bereich Berufsorientierung und -beratung wichtig. Prozesse sollten gut abgestimmt und koordiniert werden.
  • Gesprächsangebote für Schülerinnen und Schüler sowie ihre Eltern müssen regelmäßig über längere Zeiträume und in verschiedenen Settings stattfinden (Einzelgespräche, Gruppengespräche, Elternabende, offene (Eltern-)Sprechstunden, Berufsberatung, Coaching usw.)
  • Eine jugendgerechte Ausarbeitung und Anwendung von Medien ist wichtig, um die Zielgruppe überhaupt anzusprechen. Dies betrifft sowohl die grafische Aufmachung, aber auch die Auswahl der Medien (z.B. Facebook, Instagram etc. statt sachlich-informative Flyer).
  • Beziehungsarbeit über einen längeren Zeitraum ist die Basis einer guten Zusammenarbeit mit den Jugendlichen und ihren Eltern. Verlässlichkeit und ein fester Ansprechpartner werden als zentral angesehen. Vor allem bei denjenigen Jugendlichen, die Angebote eher zurückhaltend annehmen oder gar ablehnen, gilt es im Kontakt zu bleiben, um sie nicht zu verlieren. Ansprache durch aufsuchende Arbeit im Sozialraum ist ein Faktor, der überall dringend ausgebaut werden müsste.
  • Für Eltern wären Infobriefe mit Ansprechpartnern hilfreich sowie Steckbriefe zu bestehenden Beratungsangeboten. Auch könnte über die Einrichtung von Treffpunkten für Eltern nachgedacht werden, bei denen sie sich austauschen und zudem beraten werden.
  • Die JBA müsste für ihre Angebote und Unterstützungsleistungen offensiver Öffentlichkeitsarbeit betreiben.
  • Je nach Kommune bzw. Kreis finden zu den jeweiligen Schwerpunkten Anstrengungen in unterschiedlichem Maße statt.
Hier finden Sie die verwendete Powerpointpräsentation von Margit Heitmann.

Zu Beginn des Workshops wurde unter der Workshopleitung von Peter Gorzkulla-Lüdemann (Leiter Geschäftsfeld Ausbildungsmarkt und Rehabilitation, Regionaldirektion Nord, Bundesagentur für Arbeit )
 aus dem Dilemma zwischen der Maßnahmenvielfalt und der damit einhergehenden Gefahr des „Maßnahmendschungels“ ein gemeinsames Verständnis über die Notwendigkeit und die Chancen der gemeinsamen Maßnahmenplanung abgeleitet:

  • Abbau von unnötigen „Umwegen“, bzw. „Warteschleifen“
  • Identifizierung und Schließen von Förderlücken
  • Eine Unterstützungskette für die Jugendlichen aus „einer Hand“

Am Beispiel des Hamburger „Planungsteams“ haben die Workshop-Teilnehmer*innen einen Eindruck darüber bekommen, wie der Prozess der gemeinsamen Maßnahmenplanung innerhalb der JBA Hamburg organisiert und in Folge institutionalisiert wurde sowie welche konkreten Ergebnisse, beziehungsweise Produkte daraus hervorgehen.

Anschließend hatten die Workshop-Teilnehmer*innen die Gelegenheit, sich in vier Arbeitsgruppen darüber auszutauschen, was in ihren jeweiligen Regionen bereits gut funktioniert (jeweils beispielhaft):

  • Erfahrene / engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
  • Gemeinsames Leitbild
  • Starke Netzwerke
  • Institutionalisierte Gremien, beispielsweise Lenkungsgruppen

Welche Herausforderungen noch gemeistert werden müssen:

  • Gemeinsame und verbindliche Regeln
  • Finanzielle Ressourcen zum Aufbau / Ausbau der JBA
  • Gemeinsame Datenbasis, bzw. Datenaustausch
  • Gemeinsamer Einkauf von Maßnahmen
  • „mehr Schule“ in den JBA

 Zum Herunterladen:

Definition: Übergangskonferenz

Sie findet halbjährlich ab Ende Klassenstufe 7 / Anfang Klassenstufe 8 bis zum Abschluss in allen Klassen der Gemeinschaftsschulen schulintern statt.

Ziel: Schüler*innen mit Unterstützungsbedarf sollen identifiziert und Unterstützungsmöglichkeiten benannt werden.

Worauf lässt sich aufbauen?

  • Eine ganzheitliche Vorgehensweise, es geht nicht nur um Schulnoten.

Was muss noch angegangen werden?

  • Bei einem Übergang in eine weiterführende Schule/ Berufsschule sollte eine Übergabe im Rahmen der Datenschutzbestimmungen möglich sein.

Definition: Fallkonferenz

Die Fallkonferenz ist ein Handlungsinstrument der JBA für Jugendliche mit individuellen, komplexen und rechtskreisübergreifenden Problemlagen (nur mit Einwilligungserklärung, sonst anonym).

Ziel: Für den betroffenen Jugendlichen wird rechtskreisübergreifend ein individueller Unterstützungsplan entwickelt.

Worauf lässt sich aufbauen?

  • Der Jugendliche steht im Mittelpunkt. JBA-Beteiligte fühlen sich als Team.

Was muss noch angegangen werden?

  • Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit muss gegeben sein, strukturelle Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden und regelmäßige Treffen sollen stattfinden (je nach JBA-Form anpassen).

Grundsätzlich gilt

  • Wichtig ist eine gute Verzahnung von Übergangs- und Fallkonferenzen.
  • Der Informationsfluss muss gesichert sein.
  • Rollen und Aufgaben müssen geklärt werden
Präsentation zum Workshop

Folgende Refent*innen waren in diesem Workshop zu Gast:

  • Sandra Rebohm, Industrie- und Handelskammer zu Kiel
  • Dirk Lübke, Günter Mecklenburg Malermeister GmbH Kiel
  • Hansjörg Lüttke, Unternehmensverband Nord
  • Kai Tellkamp, DBB Beamtenbund und Tarifunion Schleswig-Holstein
  • Anna Aurich, DGB

Zum Herunterladen:


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Kontakt

Landeshauptstadt Kiel
Dezernat für Bildung, Jugend, Kultur und Kreative Stadt
Referat Bildungsmanagement
Fleethörn 9
24103 Kiel

Kerstin Großmann

 0431 901-3188