Internationales Kiel
Wir bauen Brücken

Einleitung

Wer sind die Personen, die die internationalen Partner­schaften Kiels prägen und voranbringen? Es sind Menschen aus den Verwaltungen, aus der Zivil­gesellschaft, aus allen Lebens­bereichen wie Kultur, Bildung oder Sport. Sie setzen sich ein für grenz­überschreitende Zusammen­arbeit und bauen Brücken in andere Kulturen.

Jeden Monat stellen wir eine*n Brückenbauer*in aus Kiel oder aus den Partnerstädten in einem Kurzinterview vor. Sie kennen Leute, die unbedingt dazugehören? Dann lassen Sie uns das gerne wissen.

Moshi District
Sebastian Schneider - H.O.P.E. e.V., Kiel

Dunkelhäutige Frau und Herr mit Bart in Kirchenraum.
Sebastian Schneider mit einem Gast aus Moshi District, Foto: Andre Stenger.

Wer bist du und was genau machst du?

Ich bin Sebastian Schneider und Vorsitzender des Vereins „H.O.P.E. – Hand in Hand for fair Opportunities, Peace and Education e.V.“ Wir haben diesen Namen gewählt, um damit auszudrücken, dass es bei den Begegnungen und den Projekten, die wir organisieren, darum geht, dass wir mit den Menschen gemeinsam auf Augenhöhe arbeiten wollen. Das heißt: Zuerst schauen und hören / hinschauen und zuhören, was dem*der Anderen am Herzen liegt, was er*sie möchte bzw. was nötig ist. Erst dann beraten wir miteinander, was wir gemeinsam, also „Hand in Hand“ gestalten wollen – in Projekten, Austauschen, Begegnungsreisen. 

Meine Ausbildungen als kirchlicher Sozialarbeiter (Diakon), Business Manager, Fundraiser und Reiseleiter / Tour Operator fließen allesamt in diese besondere Entwicklungszusammenarbeit mit Moshi District in Tansania ein.

Worum geht es in deinem aktuellen Projekt zwischen Kiel und Moshi District?

Unser Herzensanliegen ist die Arbeit und das Miteinanderarbeiten mit und für Jugendliche, junge Erwachsene und Menschen mit Einschränkungen. Im Rahmen der Städtepartnerschaft haben wir uns gedacht, es wäre toll, einmal einen Chor junger Menschen aus unserem Partner-Distrikt einzuladen – auch wenn sich das zu einem Mammut-Projekt ausgewachsen hat: Von der Beantragung von Geburtsurkunden als Voraussetzung für die Beantragung von Pässen – über die Verweigerung des Visa durch die „Deutsche Botschaft“ in Tansania bis zu verträglicher Verpflegung und dem Transport von 16 Personen. 

Und unsere „Musikalischen Botschafter*innen“ haben – nachdem wir alle Hürden erfolgreich genommen haben – über tausend Menschen in Kiel und Umgebung mit ihrer fröhlichen, lebensbejahenden Musik, ihren Tänzen und bei den Workshops an den Schulen sowie den „Tansania-Abenden“ in Kirchengemeinden begeistert und mitgerissen. Neben Musik, Gesang und Tanz, die sie uns als Botschafter*innen aus Moshi Rural schenkten, haben die Tansanier*innen selber eine „Ausbildung“ zu „Klimabotschafter*innen“ für ihr Land erhalten. Es wurden Umwelteinrichtungen (Geomar), ein Biohof und ein Betrieb zum Thema „Wasser“ (Wasserwerk Schulensee) besucht und zahlreiche Informationen vermittelt.

Das Kennenlernen ihrer Partnerstadt sowohl unter diesen Umweltaspekten als auch mit seinen touristischen Attraktionen (Hafen, Rathaus, Strand) haben die Tansanier*innen begeistert aufgenommen. Viele von ihnen hatten ihr Heimatland noch nie zuvor verlassen und entsprechend groß ist (immer noch) die Dankbarkeit für die Unterstützung ihrer Reise durch die Landeshauptstadt Kiel. Asante sana!

Zwölf junge Menschen vor einer Orgel in einer Schulaula.
Die "Musikalischen Botschafter*innen" in der Aula der Gemeinschaftsschule Hassee, Foto: Sebastian Schneider.

Weshalb findest du internationale Arbeit wichtig?

Internationale Begegnungen tragen direkt und nachhaltig zur Völkerverständigung bei und fördern das interkulturelle, globale Lernen: Den Blick weiten, über eigene Vorurteile, stereotype Bilder, Einstellungen – ja sogar – über die eigenen Lebensziele nachdenken – dazu fordern internationale Begegnungen und Projekte heraus. 

Ablehnung des vermeintlich Fremden, Diskriminierung derer, die ich nicht verstehe, Bilder des Hasses entstehen durch Unwissenheit – dem begegnen wir im „Einander-Kennen-Lernen“, im „Aufeinander-Einlassen“ und „Voneinander-Lernen“, im Respektieren und Wertschätzen unseres fremden Gegenübers – nur so lassen sich Frieden und Freiheit erhalten.

Was hat dich am meisten während deines Projekts mit Moshi District überrascht?

Da kann ich zwei Erlebnisse nennen: 

1. Wir haben an der Hasseer Gemeinschaftsschule mit über 70 Schüler*innen drei Gesangs- und Tanzworkshops zu einem Willkommenslied auf Suaheli veranstaltet. Selbst die eher schüchternen Jungs haben sich von den Anleiter*innen mitreißen lassen und begeistert mitgemacht. Dann wurde die gesamte Schule über Lautsprecher auf den Sportplatz eingeladen, um dort gemeinsam unter Anleitung der Workshop-Teilnehmer*innen zu singen und zu tanzen. Schnell kam eine faszinierende Festivalstimmung auf und viele Schüler*innen sagten – das sollten wir öfter veranstalten. 

2. Eine Mitarbeiterin der Landeshauptstadt Kiel, die selber die Gastfreundschaft einer kirchlichen Partnergemeinde für zwei Wochen genießen durfte, nahm sich eine Woche ihres Jahresurlaubes frei, um einen der Kleinbusse mit den Tansanier*innen an die verschiedenen Ort der Auftritte und Besichtigungen zu fahren. Begründung: Ich wollte etwas in Dankbarkeit für das Erlebte zurückgeben… Welch ein Engagement! Dankeschön!

Schüler*innen mit den Gästen aus Tansania auf dem Schulhof der Gemeinschaftsschule Hassee.
Tanz und Gesang mit der gesamten Gemeinschaftsschule Hasse, Foto: Sebastian Schneider.

Was würdest du anderen Engagierten, die ein internationales Projekt planen, mit auf den Weg geben?

Zuerst einmal überlegt, was wäre Euer Herzensanliegen? Was ist Euer Talent bezogen auf internationale Arbeit (und da ist mehr möglich als manch eine*r denkt). Über welches Land oder welche Stadt würdet Ihr selber gern mehr erfahren, welche Menschen würdet Ihr dort gern treffen, was dort machen?

Macht Euch mit Eurem Projekt selber eine Freude, denn diese Freude wird auf Andere überspringen und erleichtert Vieles. Gerade wenn Hindernisse und Schwierigkeiten aufkommen ist die Freude an der Arbeit die beste Motivation über Mauern zu springen.

Seid kreativ und denkt buchstäblich über Grenzen hinaus. Findet zunächst vielleicht ein Projekt, an welchem Ihr mitarbeiten könnt – so lernt Ihr und wachst allmählich in die internationale Arbeit hinein. Und irgendwann steht Ihr dann selber ganz vorn, begrüßt die Gäste, sorgt für ihr Wohlbefinden und freut Euch, wenn Fremde zu Freunden werden.


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