Nachhaltiges Kiel

Wir machen Zukunft

In Kiel gibt es viele engagierte Menschen, die sich mit guten Ideen und viel Tatendrang dafür einsetzen, dass unsere Fördestadt nachhaltig und zukunftsfähig wird.

Jeden Monat stellen wir eine*n Kieler Zukunftsmacher*in in einem Kurzinterview vor. Sie kennen Leute, die unbedingt dazugehören? Dann lassen Sie uns das gerne wissen. 

Januar 2022 Janine Falke - FettFressHair

Frau mi langen roten Haaren in einer Frisierstube
Janine Falke, Foto: Gunnar Dethlefsen

Was hat Dich nach Kiel geführt?

Der Zufall, die Liebe, der Wunsch nach Selbstständigkeit und natürlich die Ostsee.
Und mit all diesen Punkten bin ich mit dieser Entscheidung super zufrieden und fühle mich hier nach elf Jahren inzwischen mit meiner eigenen Familie richtig wohl und bin gut angekommen - und werde auch erstmal bleiben…

Was genau machst Du?

Ich bin seit zehn Jahren selbstständige Friseurmeisterin und Maskenbildnerin mit einem eigenen Frisiersalon in Kiel.

Seit Ende 2020 beschäftige ich mich mit dem Thema Haarrecycling. Als dann die coronabedingte Schließung meines Friseursalons begann, fasste ich den Entschluss an dem Ideenwettbewerb des Yooweedoo-Programms der CAU Kiel teilzunehmen. Die Idee: Recyceltes Haar tut Gutes. Haare haben lipophile Eigenschaften, sie können Fette an sich binden, sie “fressen” sie förmlich. Diese Eigenschaft wollte ich nutzen und abgeschnittenes, gewaschenes Haar aus Frisiersalons zu Wasserfiltern umbauen.

Mitstreiter*innen fand ich in meiner direkten Umgebung: Familienmitglieder und Freunde waren sofort für eine Teilnahme an unserem
Projekt “FettFressHair” zu begeistern waren. So nahm alles seinen Lauf…

Und nun recyceln wir aktuell zwei Produkte die bisher im Müll gelandet sind: Gewaschenes Schnitthaar aus aktuell 30 Friseursalons in Kiel und Kompressionsstrümpfe, die als medizinisches Produkt ein Verfallsdatum haben und daher unbenutzt entsorgt werden mussten. Daraus werden “FettFressHair-Ketten”, die zur Aufnahme von Ölverunreinigungen in Gewässern eingesetzt werden sollen.

Im Verlauf des Projektes ist es uns gelungen auch die ersten Haarmatten Deutschlands durch einen Kooperationspartner herstellen zu lassen. Dabei wird das pure Schnitthaar mit einer Nadelfilzmaschine zu Matten verarbeitet, diese möchten wir gerne als Straßenabwasserfilter in die Gullyeimer einsetzen. 

Gerade wird untersucht, ob die Haarmatten zusätzlich zur Aufnahme von Ölverunreinigungen auch noch andere Stoffe wie Schwermetalle aufnehmen können. Auch das Thema Mikroplastik, welches durch den Abrieb von Autoreifen freigesetzt wird, ist in unseren Fokus gerückt.

Haarreste in einer Box
Gewaschenes Schnitthar, Foto: Gunnar Dethlefsen

Welche SDGs sind von Deinem Engagement besonders berührt?

Die wohl zentralsten SDGs in unserer Arbeit sind das SDG 6 "Sauberes Wasser + Sanitäreinrichtungen" und das SDG 14 "Leben unter Wasser"

Mit unseren innovativen Schadstofffiltern aus Haaren wollen wir einen Beitrag für sauberes Wasser in der Förde und in der Stadt leisten. Wie unsere funktionierenden Vorbilder in Amerika (Matter of Trust) und Frankreich (Coiffeurs justes) zeigen, können wir mit diesen Filtern Öle & Sonnencremereste aus dem Meer filtern.

Der präventive/dauerhafte Einsatz von FettFressHair (FFH) dient u.a. dazu, dass möglichst wenig Schadstoffe ins Meer gelangen und so das Leben unter Wasser geschützt wird. Beispielsweise werden Rückstände von Sonnencreme im Meerwasser mit Korallensterben in Verbindung gebracht. Ein akuter Ölaustritt bei einem Tankerunglück hat für Meeres-Flora und Fauna verheerende Auswirkungen. Hier könnten FFH-Ketten eingesetzt werden, um das Öl aufzunehmen und eine Ausbreitung des Ölteppichs zu verhindern.

Durch den Einsatz von Haarmatten in Straßengullys soll das Straßenabwasser in der Stadt vorgefiltert werden und somit ein Beitrag für SDG 11 "Nachhaltige Städte und Gemeinden" geleistet werden. Weitere Einsatzmöglichkeiten wären bei Ölverschmutzungen in Hafen- und Schwimmbereichen, Regenrückhaltebecken uvm. (auch präventiv).

Unser FFH besteht aus Material, das bislang in der Mülltonne gelandet ist. Aus ausgedientem Material wird etwas Funktionales, Neues – das bedeutet für uns echte Nachhaltigkeit in der Produktion (SDG 12 "Nachhaltiger Konsum und Produktion"). Haare sind ein Naturprodukt - und weltweit nachwachsender Rohstoff. Außerdem sind sie regional verfügbar. “Von Kielern für Kiel”

Das SDG 17 "Partnerschaften zur Erreichung der Ziele" ist natürlich auch für uns von Bedeutung: Gemeinsam erreicht man mehr! Wir sind mit mittlerweile 30 Kieler Friseursalons vernetzt, sie liefern als unsere Partner die Haare für unsere FettFressHair. 

Somit ist jede*r Kieler*in, die sich in einem der teilnehmenden Salons die Haare schneiden lässt, Unterstützer*in von FFH. Sanitätshäuser aus der Region liefern die Kompressionsstrümpfe die nicht mehr gebraucht werden. Langfristig ist eine deutschlandweite Vernetzung unter Nutzung eines nachhaltigen Versand-und Sammelsystems geplant – von Mensch - und Tierhaaren.

FettFressHair-Ketten
FettFressHair-Ketten, Foto: Gunnar Dethlefsen

Warum findest du Nachhaltigkeit wichtig?

Nachhaltigkeit ist unsere Zukunft. Teilen, leihen, tauschen, wiederverwerten, wiederverwenden, umwandeln, erhalten, recyceln, faire Arbeitsbedingungen - das sind die Aufgaben unserer Generation. Wir können nicht weiter mehr konsumieren, als dass uns Rohstoffe und Ressourcen bereit stehen.

Meine Kinder haben noch ihre Uromas, die schon generationsbedingt viel nachhaltiger gelebt haben und es immer noch tun. Ich gehöre zu der Generation, die die Konsumexplosion absolut miterlebt und gelebt hat. Und wir bemerken, dass es Veränderungen, Ideen, Vernetzung und Umsetzung braucht…

Produkte FettFressHair
Produkte FettFressHair, Foto: Gunnar Dethlefsen

Kiel 2030 - was ist Deine Vision für unsere Stadt?

Ich wünsche mir wie viele andere Kieler*innen auch weniger Autoverkehr in der Stadt, mit guten Alternativen im ÖPNV. Es würde so viel mehr Ruhe und Platz für uns alle bedeuten. Und vor allem weniger Stress, zum Beispiel für unsere Kinder auf dem Schulweg oder auf dem Weg in den Kindergarten.

Ein Umbau der großen Kieler Parkplätze - Wilhelmplatz, Exerzier-und Blücherplatz - zu Lebensplätzen, auf denen weiterhin Wochenmärkte stattfinden, aber auch kulturelle Angebote mit integrierten Bühnen, Tanzflächen, Pavillons, schön begrünt, mit Spielplätzen und tollen regionalen Kaffee- und Essensangeboten würden mir wahnsinnig gut gefallen.

Und natürlich nicht zu vergessen: Haarmatten in jedem Kieler Gully....


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