Nachhaltiges Kiel

Wir machen Zukunft

In Kiel gibt es viele engagierte Menschen, die sich mit guten Ideen und viel Tatendrang dafür einsetzen, dass unsere Fördestadt nachhaltig und zukunftsfähig wird.

Jeden Monat stellen wir eine*n Kieler Zukunftsmacher*in in einem Kurzinterview vor. Sie kennen Leute, die unbedingt dazugehören? Dann lassen Sie uns das gerne wissen. 

August 2019: Kai Ziesemer - NIT

Kai Ziesemer
Foto: Sara Ghazi Alkoud

Was hat Dich nach Kiel geführt?

Ich bin indigener Kieler, wie meine Kinder wurde ich im Städtischen Krankenhaus geboren, bin auf dem Ostufer in Wellingdorf und in Elmschenhagen zur Schule gegangen, habe in Kiel Volkswirtschaftslehre studiert und in allen möglichen Ecken der Stadt gewohnt.

In meinem Fall ist die Frage nicht, was mich hergeführt, sondern was mich immer wieder nach Kiel zurückgebracht hat. Berufliche Stationen absolvierte ich in Stuttgart und Hamburg und wohnte auch schon zeitweise auf dem Lande. Aber schon vor langer Zeit kehrte ich wieder nach Kiel zurück. 

Kiel ist für mich der beste Ort zum Leben. Hier kriegt mich ehrlich gesagt auch nichts und niemand mehr weg.

Was genau machst du?

Seit mehr als zwanzig Jahren arbeite ich im Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa GmbH, kurz NIT, in der Fleethörn.

Als Leiter für Strategie und Entwicklung begleite und moderiere ich Prozesse im Sinne der zukunftsfähigen Entwicklung von Tourismusdestinationen.

Dabei geht es um die Weiterentwicklung von Infrastrukturen und Marketingorganisationen im Tourismus. Nachhaltigkeit - sozial, ökologisch, aber auch ökonomisch - und Klimaschutz sind nach meiner Auffassung wesentliche Bestandteile der Zukunftsfähigkeit einer Destination.

Sie sollten neben anderen zentralen Aspekten wie zum Beispiel Zielgruppenorientierung, Qualität, Authentizität, Erlebniswert und Wirtschaftlichkeit unverzichtbare Standards in der Gestaltung von Tourismusangeboten sein.

Welche SDGs sind von deinem Engagement besonders berührt?

In unserer touristischen Entwicklungstätigkeit im NIT geht es nicht allein um die wirtschaftlichen Aspekte wie Nachfrageerhöhungen und Tourismusumsätze. Diese Zielgrößen werden glücklicherweise auch von vielen Reisezielen, mit denen wir arbeiten, nicht (mehr) um jeden Preis verfolgt.

Vielmehr geht es zentral um die Attraktivität und Lebensqualität für die Gäste UND die Einwohner*innen, Beschäftigten und Unternehmer*innen.

Inzwischen setzt sich mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass Tourismuskonzepte nicht isoliert betrachtet werden können, sondern mit einer nachhaltigen Orts- und Stadtentwicklung untrennbar verbunden sind.

Tourismus leistet in vielen Zielen einen Beitrag zur Entwicklung von Kommunen. Die Einkommensmöglichkeiten durch den Tourismus bieten Chancen - gerade auch für junge Menschen im ländlichen Raum. Somit trägt Tourismus auch dazu bei, dass Regionen und Kommunen nicht überaltern, sondern als Lebensmittelpunkte attraktiv bleiben: Ziel 8 (Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum) und Ziel 11 (Nachhaltige Städte).

Nach meiner Auffassung schließen sich eine positive Entwicklung der Tourismuswirtschaft und Nachhaltigkeit nicht kategorisch aus. Es kommt halt darauf an, wie die touristischen Leistungsketten - angefangen von der Wahl der Destination, über die Reiseverkehrsmittel bis hin zur Unterkunft und den Aktivitäten vor Ort - gestaltet werden. Das betrifft das Ziel 12 (Nachhaltiger Konsum und Produktion) und hier gibt es viele Möglichkeiten für die Leistungsträger und für die Kunden im Tourismus, einen nachhaltigen Weg einzuschlagen.

Ich arbeite auch an Projekten mit, die direkt das Ziel 13 (Maßnahmen zum Klimaschutz) betreffen: So entwickelten wir beispielsweise ein Zertifizierungskonzept für klimafreundliche Ferienunterkünfte auf der Nordseeinsel Pellworm und beteiligten uns an Ausbildungsmaßnahmen für sogenannte Nachhaltigkeits- und Erneuerbare Energie-Scouts an der Nordsee Schleswig-Holstein, die vor Ort in der Tourismusbranche Gästen und Anbietern klimafreundlichen Tourismus „vorleben“ und vermitteln.

Übrigens: Im NIT haben wir auch einen eigenen Geschäftsbereich Nachhaltigkeit, der von meinem Kollegen Wolfgang Günther verantwortet wird. Er befasst sich seit vielen Jahren fast ausschließlich mit Projekten dieser Art und ist für mich der profilierteste Ansprechpartner zu diesem Thema im Schleswig-Holstein-Tourismus.

Warum findest du Nachhaltigkeit wichtig?

Weil ich möchte, dass meine Kinder, wenn sie so alt sind wie ich jetzt, also 2050, 2060 auf dem Planeten noch anständig leben können.

Als Wassersportler, der viel an Stränden unterwegs ist, macht mich insbesondere das Müllproblem im Meer sehr betroffen. In den letzten Jahren hinterfrage ich zunehmend meine eigene Lebensweise und Konsumhaltung.

Sicherlich gelingt es mir nicht überall und immer, aber sowohl aus ökologischer wie auch aus volkswirtschaftlicher Sicht halte ich das Ausmaß unserer Wegwerfgesellschaft für lebensbedrohlich.

Kiel 2030 - was ist Deine Vision für unsere Stadt?

Derzeit bearbeite ich mit meiner Kollegin Berit Weiß und Partner*innen aus anderen Büros das Tourismusentwicklungskonzept für die Kieler Förde 2030 . Damit ist meine Sicht zu Kiel im Jahr 2030 derzeit stark durch dieses Projekt geprägt.

An dieser Stelle oute ich mich auch als Nicht-Segler als Fan der Marke Kiel.Sailing.City. In dieser Marke steckt wirklich enormes Potenzial hinsichtlich nordisch-maritimer Lebensqualität, Dynamik, Aufbruchsstimmung und (Welt-) Offenheit.

Kiel wünsche ich mir 2030 als eine lebendige, entspannte - „hyggelige“ - Stadt mit ausgeprägter Willkommenskultur. Ich wünsche mir noch viel mehr Möglichkeiten und Angebote die Kieler Förde auf, unter, über und im Wasser zu erleben.

Ich wünsche mir auch identitätsstiftende Erlebnispunkte, die für die Kieler*innen und ihre Gäste bekannte Orte sind, an denen man verweilen kann, an denen man lernen und sich mit Kiel und dem Meer auseinander setzen kann, an denen man Spaß hat und an die man sich erinnert und von denen man woanders erzählt.

Das können Infrastrukturen baulicher Art sein, aber das können auch einfach nur öffentliche Erlebnisräume sein, in denen man entspannt Kiel und die Förde erleben kann. Und das am liebsten klimaneutral und müllfrei …


Die Interviews der vergangenen Monate

 

Februar 2019

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