KULTURSPUREN DÜSTERNBROOK
Kaiser-Wilhelm-Denkmal

Bereits 1888 kam in Kiel die Idee auf, ein Denkmal für Kaiser Wilhelm I. zu errichten. Finanziert wurde es zum Teil durch Spenden des Kieler Bürgertums, zum Teil durch die Stadt und den Staat. In einem Wettbewerb wurde ein Entwurf des Bildhauers Adolf Brütt für die Umsetzung ausgewählt.

Adolf Brütt wurde 1855 in Husum geboren und absolvierte seine Ausbildung zum Steinmetz in Kiel. Ein Stipendium der Kieler Spar- und Leihkasse ermöglichte ihm ein Studium in Berlin, wo er Meisterschüler des Bildhauers Leopold Rau war.

Adolf Brütt (Quelle: Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek)

Brütts historische Standbilder und Plastiken brachten ihm nationale und internationale Anerkennung ein. 1905 wurde er durch den Maler Hans Olde, seinen Jugendfreund, zum Professor an der Weimarer Kunstschule berufen und gründete die Weimarer Bildhauerschule. Adolf Brütt lebte abwechselnd in Berlin und Bad Berka, wo er 1939 starb.

Am 24. November 1896 wurde Brütts Denkmal für Kaiser Wilhelm I. im Kieler Schlossgarten eingeweiht. An der Einweihung nahm nicht nur dessen Enkel Wilhelm II. teil, sondern auch zahlreiche Angehörige der Kieler Oberschicht, Admiräle und Studenten. Besonders war, dass auch eine Abordnung der Arbeiter der Kaiserlichen Werft und Gesangs- und Sportvereine aus der Arbeiterschicht zugegen waren.

Die Errichtung des Reiterstandbildes für Kaiser Wilhelm I. in Kiel war nicht nur ein Zeichen der Herrscherverehrung, sondern vor allem ein Zeichen der Aussöhnung zwischen Schleswig-Holstein und Preußen. War die Stimmung 1867, als Schleswig-Holstein preußische Provinz wurde, noch eher preußenfeindlich, feierte man nun Wilhelm I. als Befreier Schleswig-Holsteins von der dänischen Fremdherrschaft. Dies ist vor allem auf die Welle nationaler Begeisterung zurückzuführen, die bei der Gründung des Deutschen Kaiserreichs 1871 auch Schleswig-Holstein erfasste.

Figuren am Sockel des Denkmals: (Quelle: Stadtarchiv Kiel, Postkarten Kieler Stadtportrait) - öffnet eine vergrößerte Ansicht
Brütts Kaiser-Wilhelm-Denkmal heute (Quelle: Julia Fendler) - öffnet eine vergrößerte Ansicht
Enthüllung des Denkmals (Quelle: Kieler Stadtmuseum) - öffnet eine vergrößerte Ansicht

Die Verbindung Wilhelms mit Schleswig-Holstein wird im Denkmal bildlich wiedergegeben: Den Sockel ziert ein Bronzereliefs, das die Grundsteinlegung des Nord-Ostsee-Kanals durch den Kaiser zeigt. Doch auch der Eigenständigkeitsanspruch Schleswig-Holsteins wird dargestellt: Ein zweites Relief bildet die Vernichtung des dänischen Kriegsschiffs Christian VIII. vor Eckernförde, einen wichtigen Sieg in der schleswig-holsteinischen Erhebung gegen Dänemark im Jahr 1849, ab.

Am Sockel des Denkmals befanden sich ursprünglich drei bronzene Figuren. Auf der Vorderseite standen die im Volksmund „Stina und Trina“ genannten Verkörperungen Schleswigs und Holsteins, eine Fischerin und eine Bäuerin. Auf der Rückseite stand dagegen ein Seemann, der die Marine symbolisierte. Alle drei Figuren wurden im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen.

Von Adolf Brütt stammen auch einige weitere Plastiken, die in Kiel öffentlich zugänglich sind: die Schwerttänzerin in der Rotunde des Rathauses, der Schwertträger auf dem Rathausplatz und der Steuermann an der Fassade des NDR-Funkhauses am Wall. Ein Abguss seines Fischers steht in Heikendorf, und auch in seiner Geburtsstadt Husum findet sich mit dem Tine-Brunnen und einer Büste Theodor Storms bekannte Werke.

Für das Reiterstandbild Wilhelms I. erhielt Brütt den Roten Adlerorden 3. Klasse, was er in seiner Autobiographie spöttisch mit "mein erster Piepvogel" kommentierte.


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