ZERO.WASTE.CITY.Zero Waste Erfahrungsbericht
Zero Waste leben? Ja! Aber wie?
Anna Jakobi berichtet von ihrem Weg von ersten Versuchen mithilfe der Stoffwindelförderung zur Tätigkeit als Stoffwindelberaterin.
Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!
Vom Wickeln mit Stoffwindeln – Ein Erfahrungsbericht
Bewusstsein für nachhaltiges Wickeln
Als ich mit meinem ersten Kind schwanger war, fragte mich jemand, ob ich mit Stoffwindeln oder mit Einwegwindeln wickeln möchte. Ich verstand die Frage in dem Moment gar nicht – natürlich würde ich mit „normalen Windeln“, also Einwegwindeln, wickeln, denn dass Stoffwindeln eine echte, nachhaltige und aktuelle Alternative sind, war mir bis dahin nicht bewusst.
In der darauf folgenden Wickelzeit störte mich der viele Müll und dieser spezielle Eigengeruch von Windeln immer mehr, aber ich kannte niemanden der etwas anders machte und hatte nicht wirklich Zugang zum Thema Stoffwindeln. Außerdem wurde für mich im Alltag mit meinem Kind eine nachhaltige Lebensweise immer wichtiger. Gleichzeitig begann ich, mir Gedanken über die Materialien unserer Kleidung, von Spielzeugen... und von Windeln zu machen und versuchte, nicht nur Müll, sondern auch Kunststoff im Haushalt zu reduzieren.
Der erste Versuch mit Stoffwindeln
Als mein Kind 18 Monate alt war, fiel mir ein Flyer der Stoffwindelförderung der Stadt Kiel in die Hand. Ich begann zu recherchieren und je mehr ich las, desto spannender fand ich die vielen Möglichkeiten, sodass ich die ersten Überhosen, Prefolds, Einlagen und Wetbags bestellte.
Die Förderung gab mir dabei den Anstoß, es zu versuchen und erleichterte die finanzielle Belastung bei der Anschaffung sehr. Wir fanden die Windeln auch wirklich gut, aber es gelang uns noch nicht, eine Routine zu finden und mein Kind verlangte wieder nach seinen gewohnten Windeln – so blieben wir eher nebenbei beim gelegentlichen Stoffwickeln und gaben schließlich auf. Heute denke ich übrigens, dass es mit ein wenig mehr Information und mehr Austausch bestimmt geklappt hätte!
Dran bleiben - Der zweite Versuch
In der Schwangerschaft mit dem zweiten Kind fasste ich den Entschluss, es noch einmal zu probieren. Dieses Mal vertiefte ich mich immer mehr ins Thema. Glücklicherweise gab es die Förderung der Stadt noch immer und so starteten wir ein zweites Mal ins Stoffwickeln. Dieses Mal hatte ich viel schneller die passenden Windeln gefunden und merkte schnell, wie viel besser mir das Wickeln mit Stoff gefiel.
Mein Kind hatte kaum mehr Hautprobleme, die Windeln rochen vollkommen neutral, die Naturmaterialien fühlten sich toll an und das Aussuchen und Vorbereiten der wirklich schönen Windeln machte mir Spaß. Und der Müllberg, der mit zwei Wickelkindern beachtlich gewachsen war, wurde schnell wieder kleiner. Also blieb ich dabei, testete im Laufe des ersten Wickeljahres nach und nach alle Windelsysteme und lernte immer mehr über nachhaltiges Wickeln. Anfangs haben wir nur zuhause mit Stoffwindeln gewickelt, später auch bei kleineren Ausflügen und schließlich hatten wir komplett umgestellt und haben sogar im Campingurlaub unsere Stoffwindeln völlig problemlos genutzt.
Start als Stoffwindelberaterin
In der Zwischenzeit lief mein befristeter Arbeitsvertrag in der Elternzeit aus und ich überlegte, wie es nun beruflich weitergehen sollte. Da beide Kinder noch klein waren und das jüngere noch nicht in der Kita, wurde der Gedanke, selbstständig und flexibel zu arbeiten, immer attraktiver. Gleichzeitig stieß ich auf eine Ausbildung zur Stoffwindelberaterin. Ich hatte so viel gelesen, gelernt und ausprobiert (und so viele Stoffwindeln gesammelt), dass dieser Weg zu der derzeitigen Situation passte.
In der Ausbildung habe ich nicht nur vieles über Stoffwindeln dazugelernt, sondern auch darüber, wie man Beratungen durchführt, Mietpakete zusammenstellen kann und eine Selbstständigkeit aufbaut, die ich später auch neben meinem ursprünglichen Beruf in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit weiterführen kann.
Vorteile und Hürden beim Stoffwickeln
Inzwischen arbeite ich als Stoffwindelberaterin und bin nach wie vor fasziniert von der Vielseitigkeit, Einfachheit und Flexibilität von Stoffwindeln. Und davon, auf wie viel Müll, Kunststoff und Chemikalien wir durch das Stoffwickeln verzichten können!
Leider fällt der Einstig ins Stoffwickeln vielen Eltern schwer. Meist liegt es daran, dass es einfach zu viel Auswahl gibt, zu viele Informationen im Internet und zu wenig Vorbilder und Möglichkeiten, sich vor Ort zu informieren und auszuprobieren – diese Erfahrung hatte ich ja auch gemacht. Mit meinem Beratungsangebot möchte ich anderen Eltern den Start leichter machen und unterstütze sie dabei, die passenden Stoffwindeln zu finden und gut informiert mit dem Stoffwickeln zu starten.
Ich bin außerdem überzeugt, dass Stoffwindeln ein wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltigeren Gesellschaft sind. Und ich denke, es würden noch viel mehr Eltern sich ans nachhaltige Wickeln heranwagen, wenn Stoffwindeln in der Öffentlichkeit präsenter wären.
Die Kampagne zur Stoffwindelförderung der Stadt Kiel halte ich hierbei für sehr erfolgreich – jedenfalls erinnere ich mich, dass das Thema plötzlich viel häufiger im Gespräch war und sich viele Eltern wirklich Gedanken gemacht haben. Den Stoffwindelzuschuss sehe ich als eine tolle Maßnahme, die vielen Familien die Anschaffung von Stoffwindeln erst ermöglicht hat!