Zero.Waste.City KielAktiv für Zero Waste
In Kiel engagieren sich verschiedene Initiativen und Vereine für eine abfallarme Stadt. Kreative Lösungen und gemeinschaftliches Engagement tragen dazu bei, Kiel zukunftsfähig zu machen. Hier stellen wir sie vor.
Reparatur-Café Gaarden

Das Interview wurde mit Christian Wiechering (Mitte) und Anja Konzan (rechts) geführt:
Christian engagiert sich seit acht Jahren ehrenamtlich als Reparateur für das Reparatur-Café Gaarden. Seit 2024 ist er zudem Vorsitzender.
Anja ist beim Büro Soziale Stadt Neumühlen-Dietrichsdorf und Gaarden tätig und kümmert sich für das Reparatur-Café Gaarden um die Organisation, Veranstaltungskonzeption und Öffentlichkeitsarbeit.
Was steckt hinter dem Reparatur-Café Gaarden?
Christian: Ob wackelige Stühle, defekte Toaster, kaputte Radios oder Uhren: Im Reparatur-Café Gaarden lernen unsere Besucher*innen ihre mitgebrachten defekten Gegenstände unter Anleitung der ehrenamtlichen Reparateur*innen selbst zu reparieren – ganz nach dem Motto: „Hilfe zur Selbsthilfe“.
Das Reparatur-Café findet viermal im Jahr an ausgewählten Samstagen von 13 bis 16 Uhr im Vinetazentrum in Gaarden statt. Insgesamt gibt es 28 Reparaturzeitfenster zu vergeben, zu denen sich die Besucher*innen vorab über unsere Webseite oder telefonisch (Di-Do / 9-14 Uhr) unter 0431 - 97 99 53 49 anmelden können. Spontane Besucher*innen können von 15 bis 16 Uhr zur offenen Reparaturstunde ohne Terminbuchung vorbeikommen. Feste Preise für die Reparaturen gibt es nicht. Wir arbeiten auf Spendenbasis. Daneben gibt es Kaffee und Kuchen für die Gäste! Das Reparatur-Café Gaarden ist also auch ein Ort für Begegnungen, Fachsimpelei und Gespräche.
Anja: Unser Angebot richtet sich an alle, die ein Interesse an Reparaturen, Upcycling und Nachhaltigkeit haben. Besonders sprechen wir Menschen an, die sich nachhaltiger verhalten wollen oder sich den Neukauf teurer Geräte nicht leisten können. Durch unser Engagement in Gaarden erreichen wir auch viele Menschen mit Migrationshintergrund sowie Familien, Senior*innen und Personen mit begrenzten finanziellen Mitteln. Doch auch über die Grenzen von Gaarden hinaus erreichen wir viele Menschen, über 60 Prozent der Besucher*innen kommen nicht aus Gaarden.
Neben der Abfallvermeidung und dem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen spielt auch das Bewusstsein eine Rolle, das wir durch Wissensvermittlung und unser Engagement in der Öffentlichkeit schaffen. Durch Aktionen wie das Reparieren und gezielte Bildungsarbeit sensibilisieren wir die Menschen für nachhaltigen Konsum.
Wie läuft eine Reparatur vor Ort ab?
Christian: Bei der Anmeldung geben die Besucher*innen an, welchen Gegenstand sie mitbringen und was daran defekt ist. Vor Ort können wir sie so am besten einer entsprechenden Reparaturstation zuweisen. Das Werkzeug bringen wir Reparateur*innen von zu Hause selbst mit – ebenso auch häufig benötigte Ersatzteile. Die Arbeit im Reparatur-Café ist für uns alle stets lehrreich, da wir oft unterschiedliche Geräte reparieren und jedes Mal etwas dazulernen. Insgesamt haben wir eine sehr gute Reparaturquote. Wenn mal keine Aussicht auf Reparatur besteht, kann der defekte Gegenstand direkt vor Ort in der Elektroschrott-Tonne entsorgt werden, die von dem Abfallwirtschaftsbetrieb Kiel kostenfrei zur Verfügung gestellt wird.
Welches Team steht hinter dem Reparatur-Café?
Anja: Die organisatorischen Aufgaben werden vom Büro Soziale Stadt Gaarden und der Stadtteilgenossenschaft Gaarden übernommen, wodurch die 15 ehrenamtlichen Reparateur*innen sich auf ihre eigentliche Tätigkeit konzentrieren können. Der Veranstaltungsort, das Vinetazentrum, wird durch Mitarbeiter*innen vor Ort vorbereitet, die den Aufbau und die Betreuung unterstützen.
Zudem gibt es ein stetiges Interesse von neuen Freiwilligen, die bei uns als ehrenamtliche Reparateur*innen oder Helfer*innen aktiv werden möchten. Sie können ihr handwerkliches Know-how einbringen oder bei der Organisation helfen. Darüber hinaus laden wir auch zu Veranstaltungen ein, die den Austausch fördern und neue Interessierte einführen. Unser Ziel ist es, einen niedrigschwelligen Begegnungsraum zu bieten, in dem Menschen unabhängig von Herkunft oder Status aktiv werden können.
Auch ist das Reparatur-Café Gaarden aufgrund seiner langjährigen Erfahrung häufig Ansprech- und Kooperationspartner für Interessierte, die andernorts ein Reparatur-Café gründen möchten – so zum Beispiel für das in 2024 gegründete Elmschenhagener Reparatur-Café. Gründer dieses Reparatur-Cafés ist Kai Degner (Titelbild: links, neben Christian und Anja).

Wie ist die Idee für ein Reparatur-Café in Gaarden entstanden?
Christian: Viele unserer ehrenamtlichen Helfer*innen waren Werftmitarbeiter, die den Wunsch hatten, das Fachwissen und die handwerklichen Fähigkeiten nach dem aktiven Berufsleben weiterhin sinnvoll einzusetzen. Treibende Kraft und Mitinitiator dabei war unser jahrelanger Vorsitzender und ehemaliger Reparateur Hans-Ulrich Stangen, der 41 Jahre auf der Werft (Howaldtswerke-Deutsche Werft, heute ThyssenKrupp Marine Systems) tätig war. Als Betriebsrat bei HDW lernte er auf einem Seminar im Deutschen Museum in München Generaldirektor Prof. Dr. Wolfgang Heckl kennen. Wolfgang Heckl ist nicht nur privat ein Tüftler und Bastler. Der Professor für Experimentalphysik wurde mit seinem Buch „Die Kultur der Reparatur“ zu einem der geistigen Väter der Repair-Bewegung in München. So entstand die Idee für ein Reparatur-Café in Gaarden.
Der Stadtteil Gaarden ist geprägt durch seine multikulturelle und arbeitende Bevölkerung. So bot er eine passende Umgebung, um einen sozialen Treffpunkt zu schaffen und die Idee des Reparierens und der Nachhaltigkeit mit dem Bedürfnis nach Austausch und gegenseitiger Hilfe zu verbinden.
Worauf seid ihr besonders stolz?
Anja: Wir sind stolz auf die nachhaltige Wirkung unserer Arbeit, über 1.200 erfolgreiche Reparaturen seit 2014, die Vernetzung unterschiedlicher Kulturen in Gaarden sowie die positive Resonanz. Ein Meilenstein war im Jahr 2021 die Auszeichnung mit dem 3. Platz des Kieler Nachhaltigkeitspreises. Wir sind besonders stolz auf unser starkes Netzwerk: Mit dem Vinetazentrum/Stadtteilgenossenschaft Gaarden, dem Büro Soziale Stadt Gaarden (ehemals Wirtschaftsbüro Gaarden) und dem Abfallwirtschaftsbetrieb Kiel haben wir engagierte Partner*innen an unserer Seite. Das Herzstück bilden jedoch unsere rund 15 ehrenamtlichen Reparateur*innen, die mit ihrer Expertise und ihrem Engagement Wissen teilen und unsere Besucher*innen befähigen, selbst aktiv zu werden – ein kraftvolles Zeichen gegen die Wegwerfmentalität.
Mehr Informationen und wichtige Hinweise für die Teilnahme an dem Reparatur-Café Gaarden finden Sie auf der Webseite.