Zero.Waste.City Kiel
Aktiv für Zero Waste

In Kiel engagieren sich verschiedene Initiativen und Vereine für eine abfall­arme Stadt. Kreative Lösungen und gemeinschaft­liches Engage­ment tragen dazu bei, Kiel zukunfts­fähig zu machen. Hier stellen wir sie vor.

 

One Earth – One Ocean e.V.

Das Interview wurde mit Dr. Harald Frank (untere Reihe, erste Person von rechts) geführt:

Harald ist Diplom-Volkswirt und seit fünf Jahren Projektentwickler und Projektleiter bei der gemeinnützigen NGO One Earth – One Ocean in Kiel.

   

Welche Projekte führt One Earth – One Ocean am Standort Kiel durch?

One Earth – One Ocean hat sich dem Umweltschutz verschrieben, insbesondere dem Schutz von Gewässern und Küsten. Unser Ziel ist es, Konzepte zu entwickeln und umzusetzen, wie Gewässer weltweit von Plastikmüll befreit werden können.

In Kiel sind wir durch unsere Nähe zum Wasser besonders eng mit unseren Projekten verbunden. Eines der zwei wichtigsten regionalen Projekte sind die Geisternetz-Sammelaktionen. Mit den Forschungstaucher*innen der Universität Kiel und der Scientific Diving Association (SDA) sind wir regelmäßig in der Kieler Bucht, auf Rügen, auf Fehmarn und bis nach Dänemark hoch unterwegs und holen Geisternetze aus der Ostsee.

Das zweite wesentliche Projekt sind die „Meereshelden“, ein Umweltbildungsprojekt an Schulen, kombiniert mit Abfallsammelaktionen. Der Höhepunkt ist jedes Jahr der International Coastal Cleanup im September, bei dem etwa 1.400 Schüler*innen die Strände zwischen Eckernförde und Schönberg reinigen. Daneben betreiben wir im Vorfeld auch Umweltbildung an den Schulen und erklären unsere Arbeit. Und wir zeigen im Mediendom von der Fachhochschule Kiel einen Film zu dem Thema, sodass die Schüler*innen über drei Punkte abgeholt werden: praktisch, akademisch und emotional. Die Stadtwerke Kiel unterstützen uns dabei als Sponsor.

Einblicke in das Glückslokal
Mehrere Personen stehen auf einem Boot und halten Geisternetze in der Hand.
Geisternetzbergung
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Mehrere Schüler*innen sitzen im Klassenraum und schauen auf eine Leinwand, auf der ein Seehund zu sehen ist.
Umweltbildung
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Mehrere Plastikeimer stehen auf einer grünen Plane am Strand und sind mit Plastikabfall gefüllt.
International Coastal Cleanup
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Welche Arbeiten verfolgt ihr im internationalen Bereich?

In 8 Ländern führen wir 10 Flussreinigungsprojekte durch. Zwei davon betreue ich selbst im Großraum Jakarta, Indonesien. Dort bringen wir Barrieren in die Flüsse ein, konzentrieren den Abfall, holen ihn über auf Katamaranen montierte Förderbänder heraus und sortieren ihn mit lokalem Personal. Was verwertbar ist, geben wir zurück in regionale Recyclingkreisläufe – ein wichtiger Schritt, um den Cradle-to-Cradle-Gedanken zu verfolgen. Weitere Flussreinigungsprojekte finden in Manila, Kambodscha, in Kairo am Nil, in der Guanabara Bucht in Brasilien, in Kampala am Viktoriasee und in Panama statt.

Und wir haben noch ein Herzensprojekt, das sich SeeElefant nennt. Hierbei handelt es sich um ein umgebautes Mehrzweckschiff mit einer Müllsortier- und Verbrennungsanlage. Sobald die Finanzierung steht, soll es in Hotspots weltweit sowohl Plastikabfall an Land als auch vor der Küste verarbeiten. Dieses Projekt liegt uns besonders am Herzen.

Einblicke in das Glückslokal
Abfall wird aus einem Gewässer mit einem Förderband auf ein Boot transportiert.
Flussreinigung
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Abfall schwimmt in einem Gewässer. Mehrere Personen in Booten fischen den Abfall heraus.
Flussreinigung
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Ein großes Schiff mit der Beschriftung
Vision SeeElefant
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Wie ist das Team von One Earth – One Ocean organisiert?

Anders als viele andere NGOs setzen wir nur begrenzt auf Ehrenamt. Es gibt klare Vorgaben, wann welche Ergebnisse geliefert werden müssen, die wir unseren Sponsor*innen transparent berichten. Das lässt sich mit Ehrenamt allein schwer umsetzen. In Kiel sind wir ein Team von etwa zehn Personen. In München sind fünf Personen tätig. Und weltweit arbeiten rund 150 Angestellte in unseren Reinigungsprojekten.

Unsere internationalen Projekte basieren auf einem starken lokalen Ansatz: Wir arbeiten mit einheimischem Personal, stellen die Anfangsinvestitionen und die Technik bereit und sorgen langfristig für eine Supervision. So stellen wir sicher, dass der Betrieb – auch nach dem Ende der Sponsoringmittel – eigenständig durch lokale Akteur*innen fortgeführt werden kann. Die Kombination aus Professionalität, lokalem Betrieb und langfristiger Zusammenarbeit ist der Schlüssel für den Erfolg unserer internationalen Projekte.

Wie ist die Idee für One Earth – One Ocean entstanden?

Unsere Organisation hat ihren Hauptsitz in München und wurde 2011 von Günther Bonin gegründet. Günther ist passionierter Segler. Während einer Bootsüberführung erlebte er, wie ein Containerschiff große Mengen Abfall ins Meer entsorgte. Das war für ihn der Auslöser, aktiv zu werden und den gemeinnützigen Verein ins Leben zu rufen.

Unser Büro in Kiel gibt es mittlerweile seit über sechs Jahren. Von hier aus steuern wir die Aktivitäten in der Region und treiben unsere Projekte voran. Als ich Günther vor fünf Jahren kennengelernt habe, haben wir uns gemeinsam in der Projektentwicklung professionalisiert – besonders im Bereich der Fördermittelakquise. Mittlerweile haben wir große Unternehmen wie unter anderem die Schwarz Gruppe (Lidl und Kaufland), Holcim, Hapag Lloyd und Kärcher für unsere Projekte als Sponsor*innen gewonnen.

Dabei ermutigen wir unsere Sponsor*innen nicht nur, finanzielle Unterstützung zu leisten, sondern auch selbst aktiv zu werden. So haben wir beispielsweise bei der Schwarz Gruppe und bei Kärcher Cleanups in die Wege geleitet. Kärcher hat zudem Cleanup-Equipment an seine Landesgesellschaften verteilt, sodass die Teams dort losgehen und selbständig Abfall einsammeln können. Im September haben wir mit 30 Manager*innen von Hapag Lloyd an einem Hamburger Deich Müll gesammelt – in nur einer Stunde kamen 100 Kilo zusammen. Solche Aktionen zeigen, wie wichtig es ist, Verantwortung nicht allein an NGOs zu delegieren, sondern selbst Teil der Lösung zu sein.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Bekämpfung der Plastikverschmutzung in den Meeren?

Das Problem mit Plastikabfall wird zunehmend dramatischer. Schätzungen zufolge landen etwa drei Prozent des weltweit produzierten Plastiks in den Ozeanen. Dabei ist die Vorstellung, man könne das Plastik einfach wieder herausholen, sehr naiv. Statt Abfall an der Oberfläche haben wir es mit einer Art Plastiksuppe zu tun. Durch Sonneneinstrahlung, Wellen und Wind zerkleinert sich der Abfall und sinkt schnell zu Boden. Von den etwa 150.000.000 Tonnen Plastikabfall, den man in den Weltmeeren vermutet, wird etwa 90 Prozent bereits auf dem Meeresboden liegen – dort ist er praktisch unerreichbar. Deshalb ist es entscheidend, Plastikabfall so früh wie möglich zu stoppen, idealerweise bevor er überhaupt in die Gewässer gelangt. Unsere Reinigungsprojekte in Flüssen setzen genau da an. Doch noch wichtiger ist es natürlich, den Abfall von vornherein zu vermeiden.

Mehr Informationen zu One Earth – One Ocean finden Sie auf der Webseite, über Instagram @oneearthoneocean, Facebook @One Earth – One Ocean oder YouTube.

 

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