Zero.Waste.City KielAktiv für Zero Waste
In Kiel engagieren sich verschiedene Initiativen und Vereine für eine abfallarme Stadt. Kreative Lösungen und gemeinschaftliches Engagement tragen dazu bei, Kiel zukunftsfähig zu machen. Hier stellen wir sie vor.
POP - Praxis ohne Plastik

Das Interview wurde mit Nora Stroetzel geführt:
Nora ist Gründerin von POP - Praxis ohne Plastik.
Was steckt hinter Praxis ohne Plastik?
Im Praxisalltag fällt täglich viel Abfall an. Obwohl das Thema bekannt ist, fehlt häufig die Zeit, um nach passenden Lösungen dafür zu suchen. Mit Praxis ohne Plastik möchten wir das Gesundheitswesen unterstützen, nachhaltiger zu werden. In Workshops und Beratungen zeigen wir Ärzt*innen und Personal, wie das möglich ist. Und mit unserem Online-Shop, dem ersten nachhaltigen Shop für Arztpraxen, bieten wir zudem rein nachhaltige Produkte an. Dabei geht es um Nachhaltigkeit allgemein, und nicht nur um die Vermeidung von Plastik. Das bedeutet, dass wir zum Beispiel bei der Auswahl der Produkte darauf achten, dass in der Produktion wenig Energie und Wasser verbraucht werden. Und wir legen beispielsweise auch Wert auf Materialien, die aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen.
Darüber hinaus haben wir eine Nachhaltigkeitskriterien-Liste erstellt, nach der wir jedes unserer Produkte überprüfen. Kriterien sind zum Beispiel „recycelbar“, „erneuerbare Energien“, „verpackungsoptimiert“, „vegan“ und vieles mehr. Die Angaben sind jeweils neben den Produktbeschreibungen zu finden. Mittlerweile handelt es sich nicht nur noch um eine Liste, sondern um eine Matrix, mithilfe dieser die Produkte bewertet werden können für eine noch bessere Einordnung und Vergleichbarkeit. Die Punktebewertung soll künftig nicht nur auf der Webseite abgebildet werden. Unser Ziel ist es, die Informationen auch direkt auf den Produkten zu platzieren, zum Beispiel über einen QR-Code.
Wie ist die Idee dafür entstanden?
Auf meiner Weltreise von 2018 bis 2020 wurde ich an verschiedenen Orten mit viel Plastikmüll konfrontiert. Deswegen habe ich mich unterwegs bei verschiedenen Projekten engagiert, die sich mit dem Thema Zero Waste auseinandersetzen und sich dafür engagieren. Ich habe am Strand Abfall gesammelt und mich mit Forschungsteams zusammengesetzt, um zu erfahren, wie bioabbaubares Plastik wirklich abgebaut wird. Als ich zurück in Deutschland war und mir bei meinem Besuch beim Zahnarzt den Mund mit einem Plastikbecher ausspülen sollte, war das der ausschlaggebende Moment für die Idee von Praxis ohne Plastik.
Im Austausch mit befreundeten Ärzt*innen wurde mir bestätigt, wie hoch das Aufkommen von Abfall im Gesundheitswesen ist. Die Menschen, die dort arbeiten, sind gezwungen, tonnenweise Plastik aufzureißen und Einwegprodukte zu verwenden. Teilweise werden diese aber sogar unbenutzt entsorgt, weil sie dann doch nicht gebraucht wurden. In anderen Bereichen versuchen wir bereits, auf Plastik zu verzichten und auf Mehrweg umzusteigen. Im Gesundheitswesen hingegen wird Hygiene oft mit Plastik gleichgesetzt. Deswegen ging es im ersten Schritt darum, herauszufinden, wo Plastik wirklich notwendig ist und in welchen Bereichen es durch nachhaltigere Produktalternativen ersetzt werden kann. So ist Praxis ohne Plastik mit meinen damaligen zwei Mitstreiter*innen Annina Graeber und Nico Niethe gestartet. Mit einem Gründungsstipendium im Rücken bauten wir den Online-Shop auf und entwickelten ein Beratungskonzept, um Praxen dabei zu unterstützen, nachhaltiger zu handeln.
An wen richtet sich euer Angebot?
Größtenteils arbeiten wir mit Arztpraxen und Zahnärzt*innen zusammen. Mittlerweile haben wir aber auch schon Bestellungen von Tierarztpraxen sowie Anfragen von Pflegeheimen, Pflegeeinrichtungen und Reinigungsunternehmen erhalten. Krankenhäuser können wir momentan noch nicht beliefern, da in solchen Fällen oft der Bedarf besteht, dass dann am Mittwoch genau um 11:35 Uhr der LKW vor Halle C stehen muss. Aktuell versenden wir unsere Lieferungen noch mit der Post. Aber wir sind trotzdem offen für Anfragen aus dem Bereich, um eine allgemeine Beratung für den Einkauf anzubieten.
An welchen Projekten seid ihr außerdem beteiligt?
Neben unserer Beratungstätigkeit und unserem Angebot im Online-Shop haben wir mit einem Dentalmaterialienhersteller für ein Projekt zusammengearbeitet. Dabei ging es um eine Grundlagenrecherche, wie generell nachhaltigere Produkte entwickelt werden können, sowie um eine Umfrage mit Zahnarztpraxen und Dentallaboren zu Aspekten wie Lagerkapazitäten und der Bereitschaft zum Nachfüllen von Produkten. Die Zusammenarbeit war eine tolle Möglichkeit, um einen weiteren Beitrag für ein nachhaltigeres Gesundheitswesen zu leisten.
Daneben habe ich als Autorin an dem Buch „Die grüne Arztpraxis - Gesundheit, Nachhaltigkeit und Mitgestaltung der ökologischen Wende“ mitgewirkt. Das Buch zeigt konkrete Handlungsmöglichkeiten auf, wie in der ärztlichen Praxis und aus ihr heraus die klimagerechte Transformation der Gesellschaft mitgestaltet werden kann. Innerhalb meines Kapitels wird das Thema Einkauf und nachhaltige Lieferkette behandelt.
Was wünscht du dir für die Zukunft?
Bei einigen Praxen passiert mittlerweile viel beim Thema Nachhaltigkeit. Noch mehr würde es mich freuen, wenn der Schritt zu mehr Nachhaltigkeit durch die eigene intrinsische Motivation passieren würde. Teilweise ist das aber auch schon der Fall.
Mehr Informationen zu POP - Praxis ohne Plastik finden Sie auf der Webseite, über Instagram @praxisohneplastik und Facebook @Praxis ohne Plastik oder LinkedIn @POP - Praxis ohne Plastik.