Kiel international
Antakya / Hatay
Einleitung und allgemeine Infos
Der Schwesterstadt-Vertrag mit der Stadt Antakya wurde am 14. Juni 2012 beurkundet. Im Zuge einer Gebietsreform ist Antakya 2014 mit der Provinz Hatay zur „Großstadt Hatay“ zusammengelegt worden. Die Zahl der Einwohner beträgt seitdem rund eine Million.
Die Bevölkerung besteht überwiegend aus türkischen Muslimen. Daneben gibt es Christen, Juden und Alawiten. Neben türkisch wird daher auch die arabische Sprache gesprochen.
Das heutige Antakya entspricht der antiken Metropole Antiochia am Orontes. In römischer Zeit zählte Antiochia neben Alexandria und Konstantinopel zu den größten und zugleich bedeutendsten Städten des östlichen Mittelmeerraumes.
Die Partnerstädte Kiel und Hatay verbindet unter anderem ihre Lage in Regionen, die für die Gewinnung von Windenergie prädestiniert sowie sehr landwirtschaftlich geprägt sind. So werden in beiden Regionen großflächig Getreide und Obst angebaut und verarbeitet. Zudem sind beide Universitätsstädte.
Der Beginn der Initiative zum Aufbau einer Städtebeziehung zwischen Kiel und Antakya lässt sich auf das Jahr 2000 datieren, als der neu gegründete Kieler Arbeitskreis Brückenbauen, diese Städtepartnerschaft als Ziel formulierte.
In der Folgezeit wurden eine Reihe privater Kontakte zu Einzelpersonen und Organisationen in Antakya aufgebaut sowie ehrenamtliche Reisen in die Türkei durchgeführt. 2006 wurde der „Tag der Religionen“ in Kiel veranstaltet, zu dem auch eine Delegation aus Antakya anreiste.Daran anknüpfend wurde der interreligiöse Dialog vertieft.
Bald darauf wurde eine Kooperation zwischen dem Berufsbildungszentrum Technik in Kiel und der Technischen Berufsschule in Antakya ins Leben gerufen und somit der Austausch auf den Bildungsbereich ausgeweitet.
Die Kieler Ratsversammlung gab 2010 schließlich den konkreten Auftrag zur Begründung einer Städtepartnerschaft und beschloss am 15. Dezember 2011 den Schwesternstadt-Vertrag mit Antakya über die Aufnahme offizieller Beziehungen. Die feierliche Unterzeichnung des Partnerschaftsabkommens erfolgte am 14. Juni 2012 im Kieler Rathaus. Zu diesem Anlass war eine offizielle Delegation aus Antakya zu Gast in Kiel.
Zur Kieler Woche empfängt die Stadt Kiel regelmäßig offizielle Delegationen aus Hatay, die in diesem Rahmen auch am Internationalen Städteforum teilnehmen. Diese internationale Fachkonferenz, organisiert von der Landeshauptstadt Kiel, bringt jedes Jahr Expert*innen und Repräsentant*innen aus Kiels Partnerstädten zusammen, um sich zu einem bestimmten Thema auszutauschen und zu vernetzen.
Im Jahr 2021 fand das Internationale Städteforum, pandemiebedingt in digitalem Format, zum Thema des Beitrags von Städten zur Erreichung der Sustainable Development Goals (SDG) statt. Auch in diesem Jahr brachte sich die Stadt Hatay gewinnbringend mit wertvoller Fachexpertise ein.
Die beiden Partnerstädte pflegen auch über das Internationale Städteforum hinaus einen engen Fachaustausch, so beispielsweise über das Programm Connective Cities zum Thema Social Entrepreneurship. In der Vergangenheit haben zudem Delegationsbesuche zum Thema der Stadtentwicklung und Stadtgestaltung stattgefunden.
Einen ersten Höhepunkt erlebte die Städtepartnerschaft im Jahr 2015 mit dem Bau einer Schule für syrische Flüchtlingskinder. Eine großangelegte Spendenaktion der Stadt Kiel brachte im Vorfeld 126.000 Euro für den Neubau der Schule, für Unterrichtsmaterialien und für einen Spielplatz ein. Weitere Partner der Spendenaktion waren der Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes sowie die Kieler Nachrichten. Derzeit werden an der Schule rund 120 syrische Kinder von türkischen sowie syrischen Lehrkräften unterrichtet.
Besonders gut entwickelt hat sich die Partnerschaft im Kultur- und Bildungsbereich. So trägt und belebt eine Vielzahl zivilgesellschaftlicher Gruppen in Hatay und Kiel die Städtepartnerschaft.
Hervorzuheben sind hier der interreligiöse Arbeitskreis „Brückenbauen“ und die „Deutsch Türkische Gesellschaft Kiel und Umgebung“ mit ihren unterschiedlichen Partnern in Hatay. Diese stellen faktisch – neben den beiden Stadtverwaltungen – die „tragenden Säulen“ dieser deutsch-türkischen Städtebeziehung dar.
Eine Erweiterung der Kooperation im kulturellen Bereich wird angestrebt. So steht beispielsweise die Vertiefung des interkulturellen Austauschs zwischen Musikschulen auf der Agenda.
Kiel gedenkt der Erdbebenopfer – Spendenaktion für Partnerregion Hatay
Nach dem schweren Erdbeben am 6. Februar 2023 in der Türkei und im Norden Syriens gedenkt die Landeshauptstadt Kiel der Opfer. Auch Kiels Partnerprovinz Hatay ist stark betroffen, viele Menschen sind verletzt und es gibt Tote zu beklagen. Zahlreiche Häuser in der Region und wichtige Infrastruktur wie der Flughafen sind zerstört. Viele Kieler*innen haben familiäre und persönliche Verbindungen in das Erdbebengebiet.
Als Zeichen der Anteilnahme wurden die Fahnen am Kieler Rathausbalkon am Dienstag, 7. Februar 2023, auf Halbmast geflaggt. Gemeinsam mit der Stadt haben die Kieler Nachrichten ein Spendenkonto eingerichtet. Die Spenden sollen genutzt werden, um nach Absprache mit der Verwaltung in Hatay dort zu helfen, wo es perspektivisch am notwendigsten ist – zum Beispiel beim Wiederaufbau und bei der Traumabewältigung.
Die akute Hilfe vor Ort wird von professionellen humanitären Hilfsorganisationen koordiniert. Weitere Informationen finden sich beim Aktionsbündnis Katastrophenhilfe und beim Bündnis Entwicklung hilft.
Aktivitäten
Antrittsbesuch der Stadtpräsidentin
Vom 31. Oktober bis 3. November 2024 reiste eine kleine Delegation unter der Leitung von Stadtpräsidentin Bettina Aust nach Hatay. Diese Reise war zugleich Austs Antrittsbesuch beim im Frühjahr 2024 neu gewählten Bürgermeister Mehmet Öntürk.
Im Stadtzentrum Hatays verschaffte sich Stadtpräsidentin Aust einen Überblick über die Fortschritte des Wiederaufbaus der zerstörten historischen Gebäude, die zum Teil noch aus der Römerzeit stammten. Auch eineinhalb Jahre nach dem verheerenden Erdbeben vom 6. Februar 2023 ist das Ausmaß der Zerstörung der Stadt und das Leid der Menschen noch immer groß.
Zusammen mit Frederik Brütting, Oberbürgermeister Aalens, der weiteren deutschen Partnerstadt Hatays, besichtige die Stadtpräsidentin das angedachte Gelände für den Bau eines Rehabilitationszentrums und informierte sich bei Bürgermeister Mehmet Öntürk über die Pläne.
Das Reha-Zentrum soll einen Beitrag dazu leisten, die psychischen und physischen Traumata der vielen Erdbeben-Opfer in Hatay zu bewältigen.
Dank der hohen Spenden-Bereitschaft der Kieler*innen im Rahmen der Spendenaktion „KN hilft“ kann die Stadt Kiel 500.000 Euro zum Bau des Reha-Zentrums beisteuern und damit einen kleinen Beitrag zur Unterstützung der Bürger*innen Hatays leisten.
Weitere Projektideen im Rahmen der Städtepartnerschaft, beispielsweise der Austausch zweier Surfschulen in Hatay und Kiel wurden besprochen.
Gemeinsame Absichtserklärung zum Bau eines geplanten Reha-Zentrums
Stadtpräsidentin Bettina Aust nahm auf Einladung des Aalener Oberbürgermeisters Frederick Brütting an den Reichsstädter Tagen im September 2024 teil, um dort die neue Stadtspitze aus der gemeinsamen Partnerstadt Hatay erstmalig persönlich zu treffen. Seit dem 31. März 2024 ist Mehmet Öntürk Oberbürgermeister der Metropol-Region Hatay.
Im Rahmen des offiziellen Abends der Partnerstädte in Aalen unterzeichneten Stadtpräsidentin Bettina Aust, Aalens Oberbürgermeister Frederick Brütting und der stellvertretenden Generalsekretär aus Hatay Uğur Kandemir eine gemeinsame Absichtserklärung zum Bau eines geplanten Reha-Zentrums.
Am 6. Februar 2023 wurde der Südosten der Türkei von einem gewaltigen Erdbeben der Stärke 7,8 ML erschüttert. Dabei verloren viele tausend Menschen ihr Leben oder wurden unter den Trümmern verschüttet. Die Menschen, die dieses verheerende Erdbeben überlebt haben, leiden oft an den körperlichen oder seelischen Verletzungen durch diese Zerstörung.
An dieser Stelle möchten die drei Städte Hatay, Aalen und Kiel unterstützen, um den Menschen vor Ort in der Region Hatay zu helfen. Die gemeinsam in Aalen und Kiel von der Zivilgesellschaft gesammelten Spenden (insgesamt ca. eine Million Euro) sollen von der Verwaltung in Hatay genutzt werden, um ein Reha-Zentrum zu bauen. In Kiel wurde diese Spendenaktion durch den Verein „Kiel hilft e.V.“ unterstützt.
Stadtpräsidentin Aust erklärte dazu: „Ich freue mich über das gemeinsame Bekenntnis unserer drei Städte zum Bau des Rehazentrums für die Opfer des verheerenden Erdbebens und danke den Bürger*innen von Kiel und Aalen für ihr Engagement. Städtefreundschaften sind in Krisenzeiten von unschätzbarem Wert. Sie fördern den Austausch von Ressourcen, Wissen und Unterstützung über Grenzen hinweg und stärken den Zusammenhalt in schwierigen Zeiten. Gerade in Krisen zeigt sich die wahre Stärke solcher Verbindungen.“
Stadtpräsident Tovar im Erdbebengebiet: „Ich bewundere den Mut der Menschen, an die Zukunft zu glauben.“
Kurz vor Ende seiner Amtszeit war Stadtpräsident Tovar im Mai 2023 zu Besuch im Erdbebengebiet Hatay.
Ziel des Besuches war, eine sinnvolle und zielorientierte Nutzung der gesammelten Spenden zu besprechen. Bürgermeister Savaş und sein Team planen ein Reha-Zentrum für psychisch und physisch Erkrankte. Dieses langfristig angelegte Projekt kann die Stadt Kiel jedoch nicht allein tragen.
Zusammen mit den Spenden der Stadt Aalen kämen rund eine Million Euro zusammen. „Es wäre," so Tovar, "unser bescheidener Beitrag zu den enormen Kosten des Wiederaufbaus“.
Momentan kämpft die Stadt Hatay vorrangig allerdings mit dringenden Problemen, wie etwa dem Umgang mit tausenden Vermissten. Auch das Abtragen von Ruinen und Trümmern stellt weiterhin eine gewaltige Aufgabe dar.
Stadtpräsident Tovar hat das Mitleid und Mitgefühl der Bürger aus Kiel und Umgebung überbracht. Dank der Hilfe durch die Kieler Nachrichten sind bisher knapp 500.000 Euro zusammen gekommen.
An dieser Stelle bedanken wir uns bei allen Spender*innen für die Unterstützung.
OB Kämpfer im Erdbebengebiet: "Die Menschen in Hatay brauchen unsere Solidarität"
Zwei Tage war Kiels OB Ulf Kämpfer im Erdbebengebiet der Türkei und besuchte Kiels Partnerregion Hatay, zusammen mit Luise Amtsberg, Kieler Bundestagsabgeordnete und Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, und Max Lucks, Vorsitzender der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe des Bundestages.
Der OB schrieb aus Hatay: "Es waren bestürzende Bilder und Begegnungen. Das Ausmaß der Zerstörungen, des Leids und der zu bewältigenden Aufgaben im türkischen und nordsyrischen Katastrophengebiet sind kaum fassbar.
In Hatays Stadtbezirk Antakya (390.000 Einwohner*innen) sind 85 Prozent der Wohngebäude unbewohnbar, Schulen, Krankenhäuser, Geschäfte, Fabriken: überall schwere Schäden. Bürgermeister Lütfu Savaş führt die Verwaltung aus einem Zelt heraus, nur 40 Prozent der Verwaltung ist funktionsfähig. Es wird viele Jahre des Wiederaufbaus brauchen.
Bei unserem Treffen mit dem Bürgermeister hörten wir von herzzerreißenden Schicksalen, aber auch von überwältigender nationaler und internationaler Hilfe, von Hoffnung und Zuversicht. Ich habe unseren Partner*innen in Hatay versprochen, dass wir den Wiederaufbau mit langem Atem unterstützen werden.
Für unsere Solidarität und die große Spendenbereitschaft in Kiel sind alle sehr dankbar. Dank der Unterstützung durch die Kieler Nachrichten haben wir bisher knapp 350 000 Euro gesammelt. Das ist eine enorme Summe. Dafür Danke an alle Spender*innen. Über jede weitere Spende an das Spendenkonto: „KN hilft“, IBAN DE 05 2105 0170 14002620 00 würde ich mich sehr freuen.
EXPO 2021 Hatay
Vom 1. April bis zum 29. Oktober 2022 fand in Hatay eine Expo unter dem Hauptmotto „Landwirtschaft“ statt. Die Landeshauptstadt Kiel beteiligte sich an dieser internationalen Ausstellungsveranstaltung mit dem Projekt eines Kieler Gartens.
Erfahren Sie hier mehr zur EXPO 2021 Hatay und zum Städtepartnerschaftsprojekt "Kieler Garten".
Schule für syrische Flüchtlingskinder
Die Partnerschaft zu Hatay erlebte mit dem Bau einer Schule für syrische Flüchtlingskinder im Jahr 2015 einen ersten Höhepunkt.
Eine großangelegte Spendenaktion im Vorfeld brachte 126.000 Euro für den Neubau der Schule, für Unterrichtsmaterialien und für einen Spielplatz ein.
Derzeit (2018) werden an der Schule 120 syrische Kinder von 13 syrischen und sieben türkischen Lehrer*innen unterrichtet.
Darüber hinaus besuchen regelmäßig offizielle Delegationen aus Hatay die Partnerstadt Kiel zur Kieler Woche und nehmen am Internationalen Städteforum teil.
Gäste aus Hatay sind an der Förde ebenso willkommen wie Kieler Besucher*innen aus den Bereichen Wissenschaft, Bildung, Kirche und Kultur in der türkischen Schwesternstadt.
Die Stadt Antakya (früher Antiochia) ist neben der Hafenstadt Iskenderun wirtschaftliches Zentrum der neuen Großstadt Hatay. Bedeutsam für Hatay ist die türkische Stahlindustrie, aber auch die industrielle Fertigung von Schuhen und Textilien für namhafte deutsche und europäische Konfektionsmarken.
Die Meeresnähe und die dort herrschenden starken Winde machen die Region zu einem gefragten Standort für Windkraftwerke. Hier werden an Hügellagen Windgeschwindigkeiten erzielt, wie sie in Deutschland nur im Offshore-Bereich vorkommen. Auch werden intensiv Getreide, Tabak und Obst angebaut und verarbeitet.
Hatay verfügt über einen Flughafen mit mehrmals täglichen Verbindungen nach Istanbul und Ankara. Die Zweisprachigkeit der Bevölkerung (Türkisch, Arabisch) wird als großer Vorteil für den Handel mit arabischen Ländern gewertet.
Türkische Spediteure aus Hatay liefern vor allem türkische Waren, Obst und Gemüse nach Syrien und über das Land hinaus in viele andere Staaten im Nahen Osten. Im Vertrauen auf die sich stetig verbessernden Beziehungen, insbesondere mit dem syrischen Nachbarn, hatten die Fuhrunternehmen kräftig investiert. Mit Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien (Anfang 2011) sind die LKW-Transporte jedoch vollständig zum Erliegen gekommen.
Die Mustafa Kemal Universität in Hatay bietet ein breites Spektrum an Wissensvermittlung, einschließlich Technik und Medizin. An dieser Universität studieren etwa 32.000 Studenten.
Beispielhaft drei Wirtschaftsindikatoren der Türkei (2012): Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf in US $ 10.504, Inflationsrate 6,2 Prozent, Arbeitslosenquote 9,44 Prozent.