Theodor Heuss (1884 - 1963)

Foto Theodor Heuss und Andreas Gayk
Theodor Heuss erhält den Ehrenbrief durch Oberbürgermeister Gayk (rechts) | Abbildung: Stadtarchiv Kiel, 2.4 Nafzger

Bundespräsident

* 31.01.1884 Brackenheim/Württemberg
† 12.12.1963 Stuttgart

Verleihung am 21.06.1954

Am 31. Januar 1884 wurde Theodor Heuss in der württembergischen Stadt Brackenheim als jüngster Sohn eines Straßenbaumeisters geboren. 1890 erhielt der Vater die Leitung des Tiefbauamtes in Heilbronn, wohin die Familie umzog. Heuss besuchte dort die Volksschule und das Gymnasium.

Nach dem Abitur im Jahre 1902 studierte er Kunstgeschichte und Volkswirtschaft. 1905 erfolgte seine Promotion zum Dr. rer. pol. über „Weinbau und Weingärtnerstand in Heibronn“. Anschließend war Heuss von 1905 bis 1912 Redakteur der Zeitschrift „Die Hilfe“, die Friedrich Naumann, der Soziologe, Philosoph und Essayist, leitete. Heuss war sein Schüler und sein Freund und wurde in seinen politischen und sozialen Ideen entscheidend von Naumann geprägt. 1908 heirate er Elli Heuss-Knapp, eine Schülerin von Naumann.
 


Redakteur & Hochschullehrer

1912 bis 1918 war Heuss Chefredakteur der Heilbronner Neckarzeitung, 1920 bis 1933 Studienleiter und Dozent an der Hochschule für Politik in Berlin. Heuss war nicht nur politischer Redakteur, sondern auch Parteimitglied. 1903 trat er der Freisinnigen Vereinigung (ab 1910 Fortschrittliche Volkspartei), 1918 der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) bei. 1919 bis 1933 war er Bezirksabgeordneter in Berlin Schöneberg und 1924 bis 1928 und 1930 bis 1933 Mitglied des Reichstages.

Mit seinem Buch „Hitlers Weg“ bekämpfte Heuss Hitler, stimmte aber unter Fraktionszwang im März 1933 für das Ermächtigungsgesetz. Im Mai 1933 verlor er seine Lehrtätigkeit an der Hochschule für Politik in Berlin und im Juli sein Reichtagsmandat.

1933 bis 1936 war er dann wieder Chefredakteur der Zeitschrift „Die Hilfe“, musste aber die Leitung niederlegen. Er wurde unpolitischer Journalist und freier Schriftsteller, der mehrere bedeutende Biographien verfasste.
 


Erster Bundespräsident

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges war Theodor Heuss 1945/46 Kultusminister in Württemberg-Baden, 1946 bis 1949 Mitglied des Landtages für die Demokratische Volkspartei. Er setzte sich intensiv für den Zusammenschluss der liberalen Parteien in den Westzonen ein, was 1948 mit der Gründung der FDP gelang, dessen Vorsitzender Heuss wurde. 1947 erhielt er eine Professur an der Technischen Hochschule in Stuttgart.

Als Mitglied des Stuttgarter Landtages war Heuss Mitglied des Parlamentarischen Rates, der das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland erarbeitete. Er hatte dabei maßgeblichen Anteil an der Formulierung der Präambel und der Grundrechte.

Im September 1949 wurde Theodor Heuss gegen Kurt Schumacher zum ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt und 1954 ohne Gegenkandidat für weitere fünf Jahre wieder gewählt. Heuss hat dieses Amt zu hohem Ansehen gebracht.

Er verkörperte „mit Takt, Kompetenz und Würde die landesväterliche Autorität“ (Michael Matthiesen). Auch durch seine Volkstümlichkeit gelang es ihm, Sympathie und Respekt aller Bundesbürger zu gewinnen. Außerdem verstand er es, mit humorvollen Worten ernste Probleme zu benennen. Liebevoll wurde er „Papa Heuss“ genannt.

Innenpolitisch sah er den Ausgleich der politischen Gegensätze als eine wichtige Aufgabe an. Vor allem aber war „er bestrebt, ein neues Deutschland entstehen zu lassen, das sich von der nationalsozialistischen Vergangenheit abwendet, nicht in kollektiver Schuld, sondern in einer Art kollektiver Scham, wobei das Beste aus dem kulturellen Erbe früherer Epochen bewahrt bleiben soll“ (Alfred Grosser). Seine Staatsbesuche nach Griechenland, in die Türkei, nach Italien, Kanada, in die USA und nach Großbritannien trugen zum wachsenden Ansehen der Bundesrepublik bei.

Im In- und Ausland erhielt Theodor Heuss zahlreiche Ehrungen. 1959 wurde er unter anderem mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.
 


Förderer der Kieler Woche

Nach dem Zusammenbruch Deutschlands 1945 wurde erstmals 1948 eine neue Kieler Woche als sportliche, kulturelle und politische Veranstaltung begangen. Seit 1950 war Bundespräsident Theodor Heuss jedes Jahr prominentester Ehrengast der Kieler Woche, womit er ihr eine besondere Bedeutung verlieh. Nur 1957 und 1958 konnte er der Einladung nicht Folge leisten.

Meist nahm er schon an der nächtlichen Eröffnungsfeier auf dem Rathausplatz teil. Manchmal konnte er dagegen nur für Stunden kommen, ließ es sich dann aber nicht nehmen, auf der Förde mitzusegeln.

Während dieser Besuche besichtigte Heuss Flüchtlingslager und Schulneubauten, weihte die Jugendherberge Bellevue ein und nahm an Theateraufführungen und europäischen Gesprächen mit ausländischen Politikern teil.

Nach der Kieler Woche 1953 wurden Stimmen laut, die für das nächste Mal einen „respektablen Ehrenbürger“ der Stadt verlangten, der einerseits kulturell aufgeschlossen und andererseits see- und segeltüchtig war. Stadtpräsident Max Schmidt äußerte 1954: „Da konnte die Wahl auf niemand anderen fallen als auf unseren Bundespräsidenten Prof. Theodor Heuss, weil er in besonderem Maße diese beiden Eigenschaften hier im Ratssaal und draußen auf der Förde unter Beweis gestellt hat“. Die Anwesenheit des Bundespräsidenten gebe der Kieler Woche den inneren und äußeren Zusammenhalt und die äußere Würde.

So wurde Bundespräsident Theodor Heuss zur Kieler Woche, am 21. Juni 1954, zum Ehrenbürger von Kiel ernannt. Der Text der Urkunde lautete: „Dem Bundespräsidenten Prof. Dr. Theodor Heuss, dem Verfechter wahren Menschentums und unermüdlichen Kämpfer für Deutschlands friedliche Wiedervereinigung und geistige Erneuerung, verleiht die Bürgerschaft der Stadt Kiel durch ihre gewählte Vertretung in Verehrung und dankbarer Würdigung seiner Verdienste um die Stadt Kiel das Ehrenbürgerrecht.“

1959 war die zweite Amtsperiode des Bundespräsidenten zu Ende. Weil Heuss als ideal in diesem Amt gesehen wurde, erwog man das Grundgesetz zu ändern, um ihm eine dritte Amtszeit zu ermöglichen. Heuss wies dieses Vorhaben mit folgen Worten zurück: „Die Verfassung ist zu jung, um sie auf einen Mann abzustellen.“

Theodor Heuss starb am 12. Dezember 1963 in Stuttgart.

 

Text: Christa Geckeler


Literatur & Zeitungen

  • Stadtarchiv Kiel Akte Nr. 37414: Ehrenbürger Prof. Dr. Theodor Heuss
  • Grosser Alfred: Geschichte Deutschlands seit 1945. Eine Bilanz, dtv, 8. Auflage, München 1980, Seite 157-159
  • Matthiesen, Michael: Heuss, Theodor, in: Deutsche Biographische Enzyklopädie, Band 5, München 1997, Seite 13
  • Kieler Nachrichten: vom 22. Juni 1954, vom 14. Dezember 1963, vom 31. Januar 1984
  • Schleswig-Holsteinische Volks-Zeitung: vom 14. Dezember 1963

 

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