OBERBÜRGERMEISTER*INNEN
Emil Lueken (1879 - 1961)

Oberbürgermeister Emil Lueken

* 20.3.1879 in Oldenburg i. O.
+ 20.3.1961 in Bremen, beerdigt in Oldenburg i. O.

Amtszeit
15.6.1920 - 10.3.1933

Geboren am 20. März 1879 in Oldenburg/Oldbg., besuchte Emil Lueken von 1885 bis 1897 die Vorschule und das Gymnasium in seiner Geburtsstadt. Danach studierte er bis 1900 in Göttingen und Heidelberg Jura und Nationalökonomie und schlug zunächst die juristische Laufbahn ein. Er wurde Assessor in Brake und danach Stadtsyndikus in Delmenhorst. Dann wechselte Dr. Emil Lueken in die Kommunalpolitik.

1907 wurde er Bürgermeister der an Wilhelmshaven angrenzenden Gemeinde Heppen. Nach dem Zusammenschluss dieser Gemeinde mit den Ortschaften Bant und Neuende zur Stadt Rüstringen im Jahr 1911 war er deren Bürgermeister und seit 1917 Oberbürgermeister. Als Oberbürgermeister Paul Lindemann in Kiel im Jahr 1919 zurücktrat, bewarb sich Lueken um dieses Amt, wurde im April 1920 erfolgreich für zwölf Jahre gewählt und am 15. Juni in sein neues Amt eingesetzt.

Von Emil Lueken hängt ein Bild in der Portraitgalerie im Rathaus.

 


Wirtschafts- und Bauprogramme in den 1920er Jahren

In Kiel hatte im Kaiserreich die Marine das politische, wirtschaftliche und soziale Leben bestimmt. Durch den verlorenen Ersten Weltkrieg und die Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages war die bisherige Lebensgrundlage der Stadt zerstört und ihr gesamtes Wirtschaftsleben stark erschüttert. Besonders groß war die Arbeitslosigkeit.

Lueken suchte nach Auswegen. Wenige Monate nach seiner Amtseinführung lud er daher Vertreter Kieler Firmen und Wirtschaftsorganisationen ein. Das Ergebnis der Verhandlungen war, dass 160 neue Leute eingestellt wurden unter der Voraussetzung, dass auch andere Betriebe gebeten würden, gleichfalls Arbeitslose aufzunehmen. Außerdem wurde vom Magistrat, dem Arbeitgeberverband und den Gewerkschaften,wie in anderen Städten auch, die „produktive Arbeitslosenfürsorge“ ins Leben gerufen.

Industrie, Handel und Gewerbe sollten durch einen freiwilligen Beitrag in unterschiedlicher Höhe (die Industrie zum Beispiel 1 Mark pro Woche für jeden Beschäftigten) Arbeitskräfte finanzieren, die dann der Stadt oder gemeinnützigen Unternehmen zur Verfügung gestellt würden.

Die Stadt selbst trat auch als Arbeitgeber auf. Zum Beispiel wurde das „Gängeviertel“ saniert. Im Gebiet zwischen Kleiner Kuhberg, Schülperbaum, Walkerdamm und Lange Reihe entstanden neue Häuser. Die Stadt ließ auch bedeutsame städtische Bauten errichten: den Seegrenzschlachthof an der Hörn, den Nordhafen an der Mündung des Nord-Ostsee-Kanals, auf der Wiker Seite den Nordhafen und nördlich der Kanalmündung den Hafen in Vossbrook. Auch der Handelshafen an der Hörn wurde ausgebaut. Am Sartorikai entstanden zwei große Lagerhäuser, von denen eines der Stadt gehörte.

In den 1920er Jahren hatte Kiel seine Kaiflächen gegenüber 1914 beinahe verdoppelt, die Lagerflächen in Schuppen und Speichern fast verfünffacht. Es zeigten sich Erfolge, die Zahl der ankommenden Schiffe nahm ständig zu. Aber auf Dauer gab es Probleme. Kiel besaß ein zu kleines und vor allem ein zu wenig industriell entwickeltes Hinterland und somit wenig Möglichkeiten für Rücktransporte. Die Stadt konnte die Konkurrenz von Hamburg und Lübeck nicht überwinden. Letztlich erfüllten sich die Erwartungen nicht, die man an das neue Wirtschaftsprogramm gestellt hatte.

Um den Handel zu beleben und die Produkte der Stadt vorzustellen, entstand 1921 die Nordische Messe. 1925 wurde dafür eine große Messehalle in der Gutenbergstraße eingeweiht, dort, wo sich heute die Hauptfeuerwache befindet. Sie bekam den Namen Nordostseehalle, wurde aber nur dieses eine Mal für die Messe genutzt, denn das Wirtschaftsleben hatte sich normalisiert und Werbeveranstaltungen im kleinen Rahmen hatten keinen Erfolg mehr. 

 


Ein engagierter Oberbürgermeister

Parallel zur Nordischen Messe im Herbst fand die Herbstwoche für Kunst und Wissenschaft statt, angeregt vom Institut für Weltwirtschaft und von der Universität, durchgeführt von der Stadt Kiel und Oberbürgermeister Lueken. Es gab Theater- und Opernaufführungen, daneben wissenschaftliche Vorträge, Ausstellungen und gesellige Veranstaltungen. Mit Unterbrechungen fanden die Herbstwochen von 1920 bis 1927 statt, dann wurden sie eingestellt, weil die Besucherzahlen zu gering waren.

Mit viel Engagement versuchte Oberbürgermeister Lueken, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Stadt zu stabilisieren. Letztlich ist der Versuch nicht gelungen, denn 1925 hatte Kiel die höchste Arbeitslosenzahl in Deutschland. Dieser Tatbestand ist nicht der Stadtverwaltung anzulasten, sie stand allein bei ihrer großen Aufgabe, die Wirtschaft der Stadt nach dem Ersten Weltkrieg umzustellen und fand keine Unterstützung durch das Reich und Preußen. Hinzu kamen die großen Schwierigkeiten Deutschlands durch die Inflation 1923 und die Weltwirtschaftskrise 1929.

Der Oberbürgermeister holte 1921 den Stadtbaurat von Rüstringen Willy Hahn nach Kiel. Dieser vertrat genau wie Lueken selbst die Idee der Gartenstadt. Nicht mehr die enge und dichte Bebauung durch Mietskasernen sollte vorherrschen. Es sollte lichter, offener, flacher gebaut werden mit viel Grün dazwischen. Erste Grüngürtel und Gartenstädte um den Kieler Innenstadtbereich entstanden.

Neben der Sorge für die eigene Stadt galt Luekens Arbeit auch der Heimatprovinz, deren Interessen er als Mitglied des Provinziallandtages und als Vorsitzender des Schleswig-Holsteinischen Städtetages vertrat. Auch im Preußischen und Deutschen Städtetag arbeitete er mit. 1922 wurde Lueken zum 1. Vorsitzenden des Vereins für Kommunalwirtschaft und Kommunalpolitik, der größten kommunalpolitischen Organisation Deutschlands, gewählt. Aus seiner städtebaulichen Arbeit in Kiel entstanden Beziehungen zur Deutschen Gartenstadt-Gesellschaft, deren Ehrenvorsitzender er wurde.

 


1933 | Absetzung durch die Nationalsozialisten

1932 wurde Lueken für weitere zwölf Jahr zum Oberbürgermeister gewählt. Den aufstrebenden Nationalsozialisten war der liberale Oberbürgermeister ein Dorn im Auge. Nachdem Hitler 1933 Reichskanzler geworden war, wurde Lueken von den Nationalsozialisten scharf attackiert. Lueken wurde beschuldigt, drei sozialdemokratische Magistratsmitglieder nicht abgesetzt zu haben. Aus rechtlichen Gründen blieb er standhaft, denn demokratisch gewählte Stadtväter könnten nicht einfach abgesetzt werden. Daraufhin erwirkten die Nationalsozialisten am 10. März 1933 beim Regierungspräsidenten die Ablösung Luekens in seinem Amt. Am Morgen des 11. März marschierten SA- und SS-Kolonnen vor das Kieler Rathaus. NSDAP-Kreisleiter Walter Behrens erklärte, dass er das Amt des Oberbürgermeisters übernehme.

Lueken verließ Kiel und wurde 1934 Direktor der Commerbank in Bremen. Als Vertreter der von ihm mitbegründeten Bremer Demokratischen Volkspartei gehörte er 1946-1949 der Bremischen Bürgerschaft an, dann bis 1951 als FDP-Mitglied. An seinem 75. Geburtstag zeichnete ihn die Bundesrepublik mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens aus. Emil Lueken starb am 20. März 1961 in Bremen. In Kiel wurde 2001 die Brücke über den Kleinen Kiel nach ihm benannt.


Text: Christa Geckeler


Literatur & Zeitungen

  • Akte Nr. 28185 und 27416, Stadtarchiv Kiel
  • Freitag, Hans-Henning: Lueken, Emil Heinrich Wilhelm, in: Hans-F- Rothert (Hg.): Kieler Lebensläufe aus sechs Jahrhunderten, Sonderveröffentlichung der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Band 55, Neumünster 2006, Seite 207-210
  • Friedl, Hans (Hg): Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg, 1992
  • Salewski; Michael: Kiel im März 1933, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Band 68, 1983, Seite 1-8
  • Stahmer-Wusterbarth, Sabine: Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Kiel während der Weimarer Republik unter besonderer Berücksichtigung der Maßnahmen der Kieler Stadtverwaltung, Dissertation, Kiel 1996, Stadtarchiv Kiel
  • Stein, Erwin: Oberbürgermeister Lueken, in: Zeitschrift für Kommunalwirtschaft, XXII. Jahrgang, Berlin, 25. September 1932
  • Kieler Nachrichten vom 17. März 1949, vom 20. März 1959, vom 24. März 1961, vom 11. März 1883, vom 14. März 2002, vom 19. März 2004
  • Schleswig-Holsteinische Volks-Zeitung vom 17. Januar 1925
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