Kommission für Historische Stadtmarkierungen

Mit der Kommission für Historische Stadtmarkierungen wurde 2019 erstmals eine zentrale städtische Anlaufstelle für Anliegen rund um die Erinnerung an historisch bedeutsame Ereignisse in Kiel und die Ehrungen bekannter Kieler Persönlichkeiten geschaffen.

Die Kommission und ihre Aufgaben

Die Kommission ist ein nicht öffentliches Gremium. Es setzt sich aus Vertreter*innen des Kulturdezernates, des Stadtarchivs, des Amtes für Kultur- und Weiterbildung, des Pressereferats sowie des Amtes für Bauordnung, Vermessung und Geoinformation zusammen.  Alle im Rat vertretenen Fraktionen, der Beirat für Menschen mit Behinderung, das Forum für Migrantinnen und Migranten sowie der Senioren- und der Jugendbeirat können jeweils eine*n Vertreter*in mit beratender Stimme entsenden. Wir tagen zwei Mal im Jahr, in der Regel im März und September.  

Die Kommission für Historische Stadtmarkierungen nimmt Anträge auf Erinnerung an Ereignisse, die Benennung und Umbenennung von Straßen und die Ehrung von Personen aus der Bevölkerung, der Verwaltung, dem Bauausschuss und dem Kulturausschuss entgegen. Im Rahmen ihrer Sitzungen werden die Anträge anhand des städtischen Kriterienkatalogs geprüft, beraten und eine Handlungsempfehlung formuliert. Über die letztendliche Umsetzung einer historischen Stadtmarkierung entscheiden der Kultur- und der Bauausschuss.

Die 2019 von der Ratsversammlung beschlossenen „Grundsätze und Verfahren bei Straßenbenennungen und Historischen Stadtmarkierungen“ formulieren neben dem städtischen Kriterienkatalog auch eine transparente und übersichtliche Darstellung des Verfahrens. Sie bilden die Grundlage der Kommissionsarbeit.

Als umsetzbare Formate steht mit Blick auf die Erinnerung an historische Ereignisse die Informationsstele und für die personenbezogene Ehrung die Kieler Gedenktafel zur Verfügung.

Anträge, Wünsche und Anregungen können laufend an uns herangetragen werden. Ein Antragsformular wird in Kürze verfügbar sein.


Informationsstelen

Die Informationsstelen sind das Instrument der Kommission für Historische Stadtmarkierungen um historisch bedeutsame Institutionen, Ereignisse oder Orte zu würdigen und an sie zu erinnern. 

Die 2,40 Meter hohen und 1,20 Meter breiten Informationsstelen werden auf öffentlichen Flächen, wenn möglich in unmittelbarer Nähe zum historischen Ort oder Geschehen, aufgestellt. Text und Bebilderung geben die wichtigsten Informationen wider. Auf orangem Untergrund befindet sich stets auch eine Übersetzung der zentralen Informationen ins Englische. Das Layout richtet sich grundsätzlich nach dem Informations- und Leitsystems „Erlebnisraum Kieler Förde“, wurde aber an aktuelle Anforderungen unter anderem der Barrierefreiheit angepasst. 

Die Aufstellungsorte der Informationsstelen werden unter Einbeziehung relevanter städtischer Stellen sowie des jeweiligen Ortsbeirates gewählt. Es werden bei der Aufstellung auch stets die räumlichen Gegebenheiten wie Zugänglichkeit, Beschaffenheit der Fläche und Umwelt in der Umgebung mitbedacht. 

Im Oktober 2021 wurde die erste Stele im angepassten Layout am Kleinen Kiel errichtet.

Auf der Stele ist Folgendes zu lesen:

Der „blutige Donnerstag“ 18. März 1920: Kiel im Kapp-Putsch

Am 18. März 1920 kam es hier am Kleinen Kiel und in den Straßen zwischen Dreiecksplatz und Legienstraße zu heftigen Schießereien. 68 Menschen kamen ums Leben, Soldaten, Freikorpskämpfer, Arbeiter und unbeteiligte Zivilisten. Der „blutige Donnerstag“ war der dramatische Höhepunkt des Kapp-Putsches in Kiel. Bereits am 13. März hatte sich die Marine in Kiel unter Konteradmiral Magnus von Levetzow dem Putsch angeschlossen. Führende demokratische Politiker ließ er festnehmen, wie den Oberpräsidenten Heinrich Kürbis, den SPD-Stadtverordneten und Gewerkschafter Gustav Garbe oder den Juristen Gustav Radbruch. 

Doch die demokratischen Kräfte setzten sich zur Wehr. Die Gewerkschaften riefen einen Generalstreik aus, um das öffentliche Leben lahmzulegen. Auch die Stadtspitze unter Bürgermeister Fritz Gradenwitz widersetzte sich dem Putsch. In Kiel bewaffneten sich die Arbeiter und traten Admiral Levetzow und seinen Freikorpskämpfern entgegen. Während die Putschisten in Berlin am 17. März aufgaben, eskalierte die Lage in Kiel am 18. März, weil Levetzow den Kampf fortsetzte. Am Abend flauten die Kämpfe ab und die Putschisten mussten am 19. März die Stadt verlassen. Die zivilen Opfer der Kämpfe wurden am 24. März in einem großen Trauerzug auf dem Eichhof beigesetzt.

Kapp-Putsch März 1920: Reaktionäre Kräfte attackieren die Republik

Im März 1920 schlug die reaktionäre Rechte gegen die junge Weimarer Republik zu. Die Republik war aus dem Matrosenaufstand und der Novemberrevolution 1918 hervorgegangen. Im August 1919 trat die neue republikanische Verfassung in Kraft, Deutschland war zum ersten Mal eine Demokratie. Doch einflussreiche rechte Kräfte strebten zurück in eine Monarchie oder wollten eine autoritäre Diktatur. Am 13. März 1920 rückte die Marinebrigade Ehrhardt in Berlin ein. Unter Führung des Reichswehrgenerals Walther von Lüttwitz und des ostpreußischen Generallandschaftsdirektors Wolfgang Kapp wurde die Reichsregierung unter Reichskanzler Gustav Bauer (SPD) abgesetzt. 

Auslöser war die Verfügung der Reichsregierung, die reaktionäre Marinebrigade Ehrhardt und das Freikorps Loewenfeld aufzulösen, um damit Abrüstungsbestimmungen des Versailler Friedensvertrags umzusetzen. Die Gewerkschaften riefen den Generalstreik aus, der nicht nur von der Arbeiterschaft, sondern auch von weiten Teilen des Bürgertums unterstützt wurde. Am 17. März 1920 mussten die Putschisten aufgeben. Die meisten Akteure des Putsches blieben straffrei und konnten ihren Kampf gegen die Republik fortführen.

2019 wurde in unmittelbarer Nähe zum Warleberger Hof eine Stele mit Informationen zum Kieler Frieden von 1814, dem Warleberger Hof und der Kieler Altstadt am Anfang des 19. Jahrhunderts errichtet.

Auf der Stele ist Folgendes zu lesen:

Kieler Frieden 14. Januar 1814

An dieser Stelle stand bis 1944 der größte Kieler Adelshof, der Buchwaldsche Hof. Am 14. Januar 1814 wurde hier der „Kieler Frieden“ unterzeichnet. Der Friedensvertrag beendete die napoleonischen Kriege (1799–1814/15) im Norden und leitete die Unabhängigkeit Norwegens ein.

Im Krieg war der dänische König Friedrich VI., der auch in Schleswig-Holstein und Norwegen regierte, mit Napoleon verbündet. Im Kieler Frieden kapitulierte Dänemark vor schwedischen, russischen und preußischen Truppen, die der schwedische Kronprinz Karl Johann anführte. Karl Johann hieß mit bürgerlichem Namen Jean-Baptiste Bernadotte und war ein erfolgreicher französischer Feldherr, bis er 1810 in Schweden zum Kronprinzen gewählt wurde. Danach wechselte Karl Johann die Seiten und kämpfte in der Völkerschlacht bei Leipzig mit schwedischen Truppen gegen Napoleon. Anschließend griff er den dänischen König in Holstein an und zog am 16. Dezember 1813 in Kiel ein. Im Friedensvertrag von Kiel zwang Karl Johann den dänischen König dazu, Norwegen an Schweden abzutreten. Die norwegische Bevölkerung sträubte sich gegen die Angliederung an Schweden: In einer eilig einberufenen Nationalversammlung gab sie sich nur vier Monate später eine eigene demokratische Verfassung. Die angestrebte Unabhängigkeit erlangte Norwegen aber erst 1905.

Der Warleberger Hof und die Kieler Altstadt am Anfang des 19. Jahrhunderts

Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörte Kiel zum Dänischen Gesamtstaat und war Mittelpunktsort der holsteinischen Gutslandschaft. Viele Gutsbesitzer hatten hier in der Nähe des Kieler Schlosses Winterwohnsitze wie den 1616 erbauten Warleberger Hof und bestimmten das gesellschaftliche und kulturelle Leben in der Stadt.

Der größte Adelssitz war der Buchwaldsche Hof, wo 1814 der Kieler Frieden verhandelt wurde. Die Stadt hatte damals, am Beginn der industriezeitlichen Entwicklung, etwa 15.000 Einwohner und war längst über ihren von der Stadtmauer und dem Kleinem Kiel umgebenen mittelalterlichen Kern hinausgewachsen. Das Bürgertum gewann in den nachfolgenden Jahren an Bedeutung, darunter Kaufleute und Fabrikanten wie die Familien Schweffel und Howaldt, aber auch die Professorenschaft der ebenfalls auf der Altstadtinsel gelegenen Christian-Albrechts-Universität. Sie spielte im Prozess der Loslösung von Dänemark eine große Rolle und machte Kiel – nicht zuletzt unter dem Eindruck des Friedensschlusses von 1814 – zum Zentrum ihres patriotischen Aufbruchs. Sie alle führten seinerzeit in der Kieler Innenstadt repräsentative Häuser, die den alten Adelssitzen in nichts nachstanden. Bis auf den Warleberger Hof verschwanden all diese Bauten während großer Umbauphasen um 1900 oder durch Zerstörung im Zweiten Weltkrieg.

Eine Stele zur Umbennung des Hindeburgufers wurde 2018 an der Kiellinie gegenüber des Instituts für Weltwirtschaft aufgestellt.

Auf der Stele ist Folgendes zu lesen:

Strandweg, Hindenburgufer, Kiellinie

Kiellinie Die Fördepromenade und ihre Benennung

Die nördliche Promenade an der Kieler Förde wurde ab 1900 als „Strandweg“ angelegt. Am 8.4.1933 beschloss der nationalsozialistische Oberbürgermeister Behrens, den „Strandweg“ in „Hindenburgufer“ umzubenennen. 

Paul von Hindenburg (1847-1934) war ein populärer General im 1. Weltkrieg und Mitglied der Obersten Heeresleitung. Als demokratisch gewählter Reichspräsident stützte er seit 1925 formal die Republik, fühlte sich aber rechts nationalen Parteien und deren Streben nach einem autoritären System verbunden. Er ernannte am 30.1.1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler, den Führer der antidemokratischen, gewalttätigen und antisemitischen Nationalsozialisten. Er unterstützte Hitler bei der Errichtung eines diktatorischen Regimes: Durch präsidiale Verordnungen schränkte er Grundrechte ein und schuf 1933 mit der soge nannten „Reichstagsbrandverordnung“ die formale Voraussetzung für die umgehend einsetzende Verfolgung politischer Gegner. 

Die Ratsversammlung entschied 2014 nach intensiver Diskussion, Hindenburg aufgrund seiner Mitwirkung an der Machtübernahme der Nationalsozialisten nicht weiter mit einer Straßenbenennung zu ehren. Die Straße erhielt den Namen „Kiellinie“.

Der Kieler Hauptbahnhof spielte während des Matrosenaufstandes eine zentrale Rolle. Ganz in der Nähe war während des Demonstrationszuges am 3. November das erste Todesopfer des Aufstandes zu beklagen, als eine Frau im Gedränge am Sophienblatt vor die Straßenbahn fiel und überfahren wurde. Zur Erinnerung an die Bedeutung des Matrosenaufstandes wurde ein Teil des Bahnhofsvorplatzes während einer Gedenkveranstaltung im Jahr 2011 in „Platz der Kieler Matrosen“ umbenannt.

2013 wurde eine Informationsstele mit Folgendem Text aufgestellt:

Das Ende des Deutschen Kaiserreiches im November 1918 nahm seinen Anfang in Kiel. Obwohl Deutschland den Ersten Weltkrieg bereits verloren hatte, sollte die Hochseeflotte im Oktober noch einmal in einen aussichtslosen Kampf geschickt werden. Teile der Besatzungen leisteten dagegen Widerstand. Was in Wilhelmshaven als Meuterei begann, wurde in Kiel zu einem breiten Aufstand. Hier verbündeten sich die aufständischen Matrosen mit der organisierten Arbeiterschaft.

Am 3. November 1918 marschierte ein bewaffneter Zug mit mehr als 5.000 Demonstranten durch Kiel. Am Bahnhof gab es ein erstes Todesopfer. An der Brunswiker Straße kam es zu einer Schießerei mit sieben Toten und 29 Verletzten. Das Blutvergießen führte zu einer breiten politischen Massenbewegung. Es wurde ein Arbeiter- und Soldatenrat gegründet, der revolutionäre Forderungen formulierte. Am 9. November erfasste die Revolution Berlin. Kaiser Wilhelm II. musste abdanken und der SPD-Politiker Philipp Scheidemann proklamierte die Geburt der Deutschen Republik, allgemein bekannt als die „Weimarer Republik“.

Im Sommer 1927 fand auf einem großen Wiesengrundstück des städtischen Gutes Seekamp bei Kiel (heute ein Teil von Kiel-Schilksee) auf Initiative der Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde unter Leitung des damaligen Stadtverordneten und späteren Kieler Oberbürgermeisters Andreas Gayk ein großes Zeltlager mit etwa 2.300 Mädchen und Jungen statt, die „Kinderrepublik Seekamp“.

Die Kinderfreundebewegung verfolgte einen reformorientierten, emanzipatorischen pädagogischen Ansatz. Der Verlauf der Kinderrepublik Seekamp ist in einer Dokumentation und verschiedenen Aufsätzen und Erinnerungen festgehalten; auch zur zugrunde liegenden Idee gibt es Literatur, die im Stadtarchiv Kiel vorhanden ist. 1933 mit der faschistischen Machtübernahme in Deutschland wurde die Kinderfreundebewegung verboten.

Die Erinnerung an dieses wichtige Stück Demokratiegeschichte in Kiel soll mit der Informationsstele am historischen Ort im Eingangsbereich von Gut Seekamp dauerhaft wachgehalten werden. Hier ist heute die Hans Kock Stiftung mit dem Skulpturenpark ansässig.Aufgestellt wurde die Informationsstele 2017. 

Rund um dieses Datum haben eine Reihe von Veranstaltungenvom Arbeitskreis „90 Jahre Kinderrepublik Seekamp“ eine Reihe von Veranstaltungen an dieses Ereignis erinnert.

Auf der Stele ist Folgendes zu lesen:

„Kinderrepublik Seekamp“ 1927

„Unsere Losung ist: Freundschaft! Ordnung! Solidarität!“ Im Sommer 1927 lud die „Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde“ 2000 Arbeiterkinder vor allem aus deutschen Großstädten zu einem reformpädagogischen Zeltlager auf Gut Seekamp ein. Diese erste „rote Kinderrepublik“ wurde von den führenden Kinderfreunden Andreas Gayk und Kurt Löwenstein organisiert. Die Kinderfreunde gehörten zur SPD und waren die größte laienpädagogische Organisation der Weimarer Republik. Ihre Arbeit war pazifistisch, weltlich und koedukativ ausgerichtet.

„Unser Zeltlager ist eine Republik – Die Staatsgewalt geht vom Kinde aus.“

In der „Kinderrepublik“ sollten sich 12- bis 14-Jährige bei Sport und Spiel erholen und gleichzeitig demokratische Werte wie Gleichberechtigung und Solidarität altersgerecht einüben. Die Kinder entschieden über viele Belange des Zusammenlebens selbst und übernahmen Verantwortung bei Essens- und Wachdiensten oder als Abgeordnete im Lagerparlament. Dort entschieden sie auch entgegen den Bedenken von Erwachsenen, das nach tagelangem Regen überschwemmte Gelände nicht vorzeitig zu räumen. Das pädagogische Experiment war ein Erfolg – auch wegen der Unterstützung aus der Kieler Bevölkerung, von Stadt und Marine.

Gut Seekamp: Vom Herrschaftszentrum zum Skulpturenpark

Das Gut Seekamp war seit dem 16. Jahrhundert das Herrschaftszentrum der heutigen Kieler Stadtteile nördlich des Kanals. Der Adelige Christopher Rantzau, Gutsherr auf Knoop und Bülk, legte den Hof Seekamp um 1570 an. Seine vier Söhne teilten sich 1575 den väterlichen Besitz. Nun ging Seekamp an Jeronimus Rantzau, der ein befestigtes Herrenhaus errichten ließ, das von einem Wassergraben umgeben war. Zu dem neuen Gutsbezirk gehörten die Dörfer Holtenau, Pries und Schilksee. Ihre Einwohner waren leibeigen und leisteten dem Gutshof Abgaben und Dienste.

1631 wurde das Gut vom dänischen König erworben, der auf einem Teil der Gutsländereien die Festung Friedrichsort anlegte. Keiner der wech selnden adeligen Besitzer wohnte mehr auf dem Gut. 1723 war das Herrenhaus bereits abgerissen. 1791 hob der Gutsherr Otto Dietrich Schack die Leibeigenschaft auf und zerteilte das Gut in sieben Pachthöfe.

Im 20. Jahrhundert prägten zwei Künstler Seekamp: 1914 erbte der bedeutende Maler Hans Olde (1855-1916), Impressionist und Gründungsmitglied der Münchner Secession, den Hof. Ebenfalls auf Seekamp lebte der Bildhauer Hans Kock (1920-2007), der hier einen Skulpturenpark schuf. Sein Werk wird heute von der 1988 gegründeten Hans-Kock-Stiftung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Der Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg begann im Bereich der Vorstadt mit der Errichtung des Howe-Hauses in der Holstenstraße 88/90. Eine Stele informiert seit 2017 über die Geschichte dieses Symbols des Kieler Wiederaufbaus und darüber hinaus über die Neubebauung des Bereichs Europaplatz / Schevenbrücke / Holstenstraße / Holstenplatzes.

Auf der Stele ist Folgendes zu lesen:

HOWE-Haus. Symbol des Kieler Wiederaufbaus

Am 17.05.1949 legte Oberbürgermeister Andreas Gayk den Grundstein für das HOWE-Haus. Der Kieler Architekt Wilhelm Neveling entwarf das Geschäftshaus für die Brüder Karl-Heinz und Werner Howe, die damit den ersten Hochbau in der schwer kriegszerstörten Kieler Innenstadt errichteten. 

Die Holstenstraße, Kiels Hauptgeschäftsstraße, lag nach den alliierten Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg in Trümmern. Gleich nach Kriegsende begann das Stadtplanungsamt, Entwürfe für den Wiederaufbau der Stadt zu entwickeln. Die Holstenstraße sollte, teilweise als Fußgängerzone, als moderne Geschäftsstraße wiedererstehen. Die Ladenzeilen wurden zweigeschossig konzipiert, um Licht in die neue Geschäftsstraße zu lassen, während einzelne Hochbauten die neu geschaffenen Stadtplätze herausheben sollten.

Erst nach der Währungsreform 1949 konnte die Wiederaufbauplanung in die Tat umgesetzt werden. Das sechsgeschossige HOWE-Haus nahm als Backsteinbau mit Staffelgeschoss und Flachdach die Gestaltung der umgebenden Wiederaufbauarchitektur vorweg. 1949 gab der Geschäftsbau der Brüder Howe den Startschuss für den Wiederaufbau der Innenstadt.

Europaplatz: Fließende Platzarchitektur der 1970er Jahre

Nach dem zweiten Weltkrieg entstanden entlang der Kieler Holstenstraße drei neue Platzräume, wo zuvor Geschäftshäuser gestanden hatten: der Holstenplatz, der Asmus-Bremer-Platz und der Europaplatz. Der Europaplatz hieß bis 1982 schlicht „Ostseehallenvorplatz“ und war als Straßen- und Parkfläche ein ungestalteter innenstädtischer Raum. 

Von 1978 bis 1982 gestalteten die Kieler Architekten Carsten Brockstedt und Ernst Discher den 16.000 m² großen Ostseehallenvorplatz neu. Das Gefälle des Platzes von neun Höhenmetern wird durch eine Terrassierung in drei großen Wellen aus Granitpflaster überwunden. den ganzen Platz durchfließendes Wasserspiel betont das maritime Wellenmotiv, während punktuelle Baumbepflanzung den Platz begrünt. Mit der skulpturalen Ausbildung des Platzes in fließenden Formen schufen Brockstedt und Discher eine zeittypische Raumgestaltung der 1970er Jahre. 

Zur Einweihung 1982 war bereits ein Pavillon-Foyer für die Ostseehalle errichtet. Fertiggestellt war der Platz erst 1986/87, als die noch heute vorhandenen Geschäftspavillons erbaut wurden. 2001 wurden der Brunnen und die Terrassenwellen versetzt, die dem neuen Vorbau der Ostseehalle weichen mussten. 

Kritiker bemängelten vor allem die durchgehende Pflasterung und die geringe Flexibilität in der Platznutzung. Doch das Raumkonzept der Architekten löst bis heute überzeugend die schwierige Aufgabe, die hochgelegene Veranstaltungshalle mit Tiefgarage an die Fußgängerzone anzubinden.

Auf dem ehemaligen Gelände der Marine-Arrestanstalt zwischen der Karl-Lennert-Klinik für Strahlentherapie und der Gelehrtenschule befindet sich seit 2013 eine Informationsstele zu den Geschehnissen des Matrosenaufstandes 1918.

Auf der Stele ist Folgendes zu lesen:

Maritime Geschichte Die Marine-Arrestanstalt – Schauplatz des Matrosenaufstands 1918

Hier stand bis 1964 das Gebäude der Marine-Arrestanstalt. Nach 1865 errichtete die preußische Marine in der Brunswik ein gewaltiges Marineviertel: 1872 bezog die I. Matrosendivision zwei aus Gelbziegeln errichtete Kasernenblöcke. Dahinter entstand die Marine-Arrestanstalt, die zugleich als Gerichtsgebäude diente.

In den ersten Novembertagen 1918 waren hier Matrosen des III. Geschwaders inhaftiert. Sie hatten sich am 29. Oktober vor Wilhelmshaven dem Befehl zum Auslaufen widersetzt. Damit hatten sie eine letzte große Seeschlacht des 1. Weltkriegs verhindert. Ihr Widerstand löste in Kiel eine revolutionäre Bewegung unter Matrosen und Arbeitern aus: Die Aufständischen forderten Freiheitsrechte und die Abdankung des Kaisers, ihr erstes Ziel aber war die Freilassung der inhaftierten Kameraden. Rund 5000 Demonstranten zogen am Abend des 3. November zur Arrestanstalt. An der Brunswiker Straße wurde auf die Menge geschossen, sieben Tote und 29 Verletzte blieben zurück. 

Unter dem Eindruck der Massendemonstration ließ die Marineführung am nächsten Tag die Matrosen aus der Arrestanstalt frei. Eine begeisterte Menschenmenge empfing die Freigelassenen. Die Matrosen hatten einen ersten Sieg errungen.

  

Historische Bebilderung der Informationsstelen
Kiel am 18. März 1920: Barrikade an der Wilhelminenstraße, Ecke Legienstraße
Informationsstele Kapp-Putsch und "blutiger Donnerstag": Kiel am 18. März 1920: Barrikade an der Wilhelminenstraße, Ecke Legienstraße. Bildnachweise: Stadtarchiv Kiel, 1.3 PostkartenSlg 46168.
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Der größte Kieler Adelshof, der Buchwaldsche Hof um 1860. Am 14. Januar 1814 wurde hier der „Kieler Frieden“ unterzeichnet. Bildnachweis: Stadtarchiv Kiel.
Informationsstele Warleberger Hof und Platz des Kieler Friedens: Der größte Kieler Adelshof, der Buchwaldsche Hof um 1860. Am 14. Januar 1814 wurde hier der „Kieler Frieden“ unterzeichnet. Bildnachweis: Stadtarchiv Kiel.
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Reformpädagogisches Zeltlager auf Gut Seekamp im Sommer 1927. Bildnachweis: aus Die Rote Kinderrepublik, hg. von der Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde, Berlin 1928.
Informationsstele Kinderrepublik Gut Seekamp: Reformpädagogisches Zeltlager auf Gut Seekamp im Sommer 1927. Bildnachweis: aus Die Rote Kinderrepublik, hg. von der Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde, Berlin 1928.
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Die Kieler Gedenktafel

Eine Ehrung von Personen ist durch die „Kieler Gedenktafel" möglich. Es wird vermerkt, wenn die Person Ehrenbürger*in der Landeshauptstadt Kiel oder Nobelpreisträger*in war, auf andere Titel oder Namenszusätze wird verzichtet. 

Zu den Grundsätzen der Ehrung gehört, dass nur verstorbene Personen geehrt werden können und Frauen und Betroffene von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit verstärkt gewürdigt werden sollen, solange sie bei Historischen Stadtmarkierungen unterrepräsentiert sind.

Die Gedenktafeln werden in der Regel an ehemaligen Wohnhäusern, Wirkungsstätten oder anderweitig mit der Person verbundenen Gebäude angebracht. 

Die gebürtige Norwegerin wählte 1955 ihren Wohnsitz in Kiel (Augustenstraße 59, später Wehdenweg 56) und lebte hier bis zu ihrem Tode im August 1990. Viele Bücher hat sie nach ihrem Umzug nach Deutschland auf Deutsch geschrieben. Ihr Grab befindet sich auf dem Kieler Ostfriedhof.

Die international erfolgreiche Jugendbuchautorin war nach zwei Männern (Leonhard Reinhold, Philosoph und Henry Vahl, Schauspieler) die erste Frau, die mit einer städtischen Gedenktafel in aktuellem Format geehrt wurde. Seit 2021 erinnert eine Gedenkafel in der Augustenstraße 59 in Gaarden, wo sie mit kurzen Unterbrechungen von 1950 bis 1964 gelebt hat, mit folgendem Text an sie:

Hier wohnte
Annik Saxegaard („Berte Bratt“)

Norwegische Jugendbuchautorin

1958 zog die norwegische Schriftstellerin Annik Saxegaard endgültig nach Kiel, wo sie sich bereits seit den frühen Fünfzigerjahren wiederholt aufgehalten hatte. Sie schrieb rund 80 Romane, von denen etwa 50 in deutscher Sprache erschienen sind. Unter dem Pseudonym „Berte Bratt“ avancierte sie zu einer der beliebtesten Jugendbuchautorinnen Deutschlands. Von 1950 bis 1964 wohnte sie in der Augustenstraße 59, bevor sie in ihr „Haus am Flüsschen“ im Wehdenweg 56 in Wellingdorf zog.

*21. Mai 1905, Stavanger (Norwegen)  †16. August 1990, Kiel

Die Gedenktafel für Annik Saxegaard in der Augustenstraße 59.

Mit der Anbringung der Gedenktafel für den beliebten Volksschauspieler folgt die Kommission für Historische Stadtmarkierungen einem Antrag des Ortsbeirates Gaarden und Beschluss des Kulturausschusses aus 2017.  

Die Gedenktafel erinnert an seinem ehemaligen Wohnhaus in der Iltisstraße 49, in unmittelbarer Nähe zum Henry-Vahl-Platz in Kiel Gaarden, an ihn.  Sie wurde in Anwesenheit der Familie und mit einer Ansprache von Stadtpräsident Hans-Werner Tovar im Oktober 2020 angebracht und trägt folgenden Text:

Hier wohnte von 1912 bis 1919

Henry Vahl

Deutscher Theater- und Filmschauspieler

Die Schauspielkarriere des beliebten „Opas der Nation“ nahm in Kiel ihren Anfang. Von 1912 bis 1919 lebte der junge Henry Vahl mit seiner Familie in der Iltisstraße 49. Während dieser Zeit erhielt er erste Engagements am Kieler Stadttheater. Es folgten verschiedene Zwischenetappen, die ihn 1950 nach Hamburg führten. Am Ohnsorg-Theater gelang Vahl schließlich der Durchbruch als gefeierter Volksschauspieler. Sein altes Gaardener Viertel besuchte er immer wieder gerne.

*26. Oktober1897, Stralsund  † 21. Juli 1977, Hamburg

Die Gedenktafel für henry Vahl in der Iltisstraße 49.

In der Schloßstraße 2 wird seit 2020 mit einer Gedenktafel an den den zwischen 1794 und 1823 in Kiel wirkenden Philosophen Karl Leonhard Reinhold erinnert. Die Empfehlung der Kommission für Historische Stadtmarkierungen dazu basiert auf einer Initiative der Kant Gesellschaft Kiel. Die Gedenktafel, mit dem folgenden Text, war die erste die angebracht wurde: 

An dieser Stelle stand das Wohnhaus von

Karl Leonhard Reinhold

Philosoph und Universitätsprofessor in Kiel

Karl Leonhard Reinhold gehört zu den wichtigsten Philosophen der Aufklärung und gilt als einer der Wegbereiter des Deutschen Idealismus. Er verbreitete die Lehren Immanuel Kants in seinen „Briefen über die Kantische Philosophie“. Aus Wien stammend, lehrte ab 1787 an der Universität Jena. 1794 folgte er dem Ruf an die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, deren zweimaliger Rektor er war. Neben seinem reichen philosophischen Schaffen wirkte er als geistiger Mittelpunkt Kiels.

26. Oktober 1757, Wien  † 10. April 1823, Kiel

Die Gedenktafel für Karl Leonhard Reinhold in der Schlossstraße 2.
 

Straßenbenennungen

Personen – insbesondere Künstler*innen, die mit Kiel verbunden sind – können durch die Benennung von Wegen und Plätzen ohne Postadresse geehrt werden. 

Voraussetzung ist hier ebenfalls, dass die Personen bereits verstorben sind sowie Frauen und Betroffene von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit verstärkt gewürdigt werden sollen. Vor der beabsichtigten Benennung einer Straße nach einer Person werden, wenn möglich, nahe Angehörige dazu angehört. 

Der Verbindungsweg zwischen dem Damaschkeweg (Höhe Hausnummer 88/90) und der Straße Am Waldrand (Höhe Hausnummer 25/26) wurde 2020 „Siegfried-Schmidt-Weg“ benannt.

Siegfried Schmidt wurde am 20. November 1937 in Gernsbach im Schwarzwald geboren. Nach seiner Lehre als Bauschlosser und Kunstschmied verschlug es ihn vermutlich durch die Marine in den Norden. Ab 1962 war er als Handwerker im Marinearsenal Kiel tätig, nach einer Weiterbildung ab 1969 als technischer Beamter.

Siegfried Schmidt gilt als „Vater der Kieler Siedler“. Vierzig Jahre lang, von 1974 bis 2014, leitete er die Siedlergemeinschaft Hammer-Russee-Demühlen, deren Mitgliederzahl sich in dieser Zeit verdoppelte und damit zur größten in der Stadt wurde.

Nicht ganz so lange, von 1968 bis 2012, war er Kreisvorsitzender des Deutschen Siedlerbundes (heute „Verband Wohneigentum“). In dieser rein ehrenamtlichen Funktion erreichte er für die Siedlergemeinschaft sehr viel. Zum Beispiel initiierte er das „Modell der Gruppenselbsthilfe“, bei dem fehlendes Kapital durch Muskelkraft ersetzt wird. So konnte 160 Familien zu den eigenen vier Wänden verholfen werden.

Für sein vielfältiges soziales und kommunalpolitisches Engagement erhielt Siegfried Schmidt zahlreiche Auszeichnungen. Unter anderem war er Träger des Bundesverdienstkreuzes und wurde mit der Willy-Brandt-Medaille ausgezeichnet.

Siegfried Schmidt verstarb am 4. April 2014 in Kiel. Als stets hilfsbereiter Mitmensch bleibt er weiter im Gedächtnis vieler Bewohner*innen von Hammer, Russee, Demühlen und darüber hinaus. Die Ergebnisse seiner über eine Generation andauernden Aktivitäten haben bis heute Bestand.

Pfahl mit Straßenschildern Jensendamm, darunter durchgestrichen Martensdamm, in der anderen Richtung Martensdamm
Das Teilstück zwischen Küterstraße und Dänischer Straße wurde 1971 nach dem verstorbenen Stadtbaurat Prof. Herbert Jensen benannt.

Kontakt

Landeshauptstadt Kiel
Dezernat für Bildung, Jugend, Kultur und Kreative Stadt

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