Aktionsplan Schulhöfe – Kiel schafft lebendige Orte für aktive Pausen

Der Aktionsplan Schulhöfe fokussiert die Entwicklung der Kieler Schulhöfe hin zu zukunftsfähigen Erholungs-, Erfahrungs- und Spielorten mit hoher Aufenthaltsqualität. Festgelegte Qualitätskriterien schaffen einen verbindlichen Rahmen für zeitgemäße und lebendige Schulfreiräume.

Schulhof Friedrich-Junge-Schule, Gellertstraße

Mit dem Handlungsleitfaden prozessorientiert planen

Die vielseitigen Ansprüche der modernen Schulstandorte müssen sich in der Gestaltung der Schulhöfe wiederfinden. In der Regel werden vielschichtige Planungsprozesse durchlaufen, bei denen unter Beteiligung der Nutzer*innen wesentliche Zielstellungen definiert werden. Als Ergebnis der Planungsprozesse sollen hochwertige Gestaltungslösungen entwickelt werden, welche die Kriterien und Zielstellungen der Planung im Sinne eines auf die jeweilige Schule zugeschnittenen Konzepts umsetzen.

Der Aktionsplan Schulhöfe definiert im Handlungsleitfaden zwölf verbindliche Qualitätskriterien für die Gestaltung von Schulhöfen und eine Mindestgröße von fünf Quadratmeter pro Schüler*in. Eine Checkliste ermöglicht die Prüfung der Anwendung dieser Qualitätskriterien. Dadurch wird ein Qualitätsstandard für die Neugestaltung von Schulhöfen festgeschrieben, der entsprechend der Gewichtung der Kriterien individuell auf die Bedarfe der jeweiligen Schule angepasste Lösungen ermöglicht. Die Ergebnisse aus der Mitwirkung/Beteiligung der Schulen bilden dabei die Grundlage für jede Planung. 

Als Bestandteil des Aktionsplans wurde eine Priorisierung anstehender Schulhofsanierungsmaßnahmen bis 2025 vorgenommen, welche in Zukunft fortlaufend den Gremien der Stadtverwaltung vorgestellt wird.

Mit dem Beschluss der Ratsversammlung Drucksache 0230/2022 wird der Aktionsplan mit dem Handlungsleitfaden eine verbindliche Grundlage zur Entwicklung der Kieler Schulhöfe zu zukunftsfähigen Orten, mit hoher Aufenthalts- und Spielqualität. 


Die Qualitätskriterien im Überblick

Mit diesem Qualitätskriterium werden pädagogische Ziele nach Altersgruppen und Schultypen festgelegt. Hierbei werden pädagogische Ansätze wie Naturpädagogik, Lernen im Freien, Freizeitgestaltung in den Pausenzeiten dargestellt. Bei den Planungsprozessen sollen im Rahmen der Beteiligung gezielt schulspezifische Ansätze abgefragt und erarbeitet werden. Hierzu bietet eine Übersicht der schultypischen pädagogoschen Ziele und deren thematische Ableitung eine wertvolle Orientierung.

Wichtige pädagogische Ziele sind beispielsweise die Förderung der psychomotorischen Entwicklung, der Kreativität und der sozialen Kompetenz. 

Durch eine intensive Beteiligung der Schulen im Planungsprozess kann eine nachhaltige Entwicklung eingeleitet und eine hohe Akzeptanz der Planung ermöglicht werden. Nutzungsspezifische Bedürfnisse und kreative Ideen können somit in die Gestaltung der Schulfreianlagen einfließen.

Im Rahmen von Schulhofplanungen werden Vertreter*innen der Schulen und die Schüler*innen zur Definition der Zielstellung einer Schulhofneugestaltung, zur Ideenfindung und zur Rückkopplung der Planung mit eingebunden. Hierbei findet die Leitlinie zur Bürgerbeteiligung und die Leitlinie für Kinder- und Jugendbeteiligung Anwendung.

Kinder an Arbeitstischen schauen zu einem Moderator
Beteiligungsaktion an der Gemeinschaftsschule Hassee

Durch intelligentes Flächenmanagement können funktionale Defizite, welche insbesondere durch Flächenknappheit bestehen abgemildert werden. Mit der Zielstellung einen möglichst hohen Anteil aktiver Pausenhoffläche zur erzeugen, die den Schüler*innen in den Pausen zur Verfügung stehen, sind im Planungsprozess ausgewogene Flächeneinteilungen zu definieren. Dabei gilt ein Mindestansatz von fünf Quadratmetern an verfügbarer Pausenhoffläche je Schüler*in.

Eine nutzungsgruppenspezifische Gestaltung, welche idealerweise die Ergebnisse der Beteiligung widerspiegelt, regt Kinder zur kreativen Nutzung des Schulgeländes an und verleiht dem Schulfreiraum einen hohen Identifikationswert. Die Gestaltung der Schulfreiräume soll die vielfältigen Funktionen des Außengeländes und die individuellen Wünsche der Schule in geeigneter Form miteinander in Einklang bringen, sodass ein nachvollziehbares und qualitätsvolles Gesamtbild entsteht.

Ein Pausenhof ist ein Ort vielfältiger Nutzungsansprüche. Eine multifunktionale und offene Gestaltung eröffnet Möglichkeiten der Aneignung auch können Konflikte des Flächenbedarfs und der Flächenzuordnung abgemildert werden. Das Thema Nutzungsoffenheit kann für ein übergeordnetes Raumkonzept ein wesentliches Motto darstellen. Beispielsweise kann eine offene Gestaltung eines Schulhofs ein Platz zum spielen oder toben bieten und gleichzeitig eine Bühne mit Raum für Veranstaltungen wie Schulkonzerte oder Flohmarkt sein. 

Das Thema der Nutzungsoffenheit kann sich analog hierzu in Form der Multicodierung von Flächen und Mobiliar, welche verschiedene Formen der Nutzung und Aneignung zulassen widerspiegeln.

Um neue Kräfte für den Unterricht zu ‘tanken‘ und sich gedanklich vom Unterricht zu entfernen ist es für die Schüler*innen wichtig, dass Pausenhöfe ein angenehmes Umfeld darstellen und auch ruhige Rückzugsmöglichkeiten bieten. Durch die Zonierung von aktiven Spielbereichen und Ruhebereichen, welche sich idealerweise mit naturnahen Bereichen kombinieren lassen, soll sich die Erholungsfunktion in der Gestaltung wiederfinden. 

Rückzugsräume in denen Bedürfnisse nach Ruhe und intimer Kommunikation befriedigt werden, können zu einer gendergerechten Gestaltung einer Schulfreianlage beitragen.

Kreisrundes Sitzpodest mit einer Holzauflage um einen Baum. Das Podest wird von einer blauen Gummibelag-Modellierung organisch eingefasst.
Sitzbereich an der Theodor-Storm-Schule

Schulhöfe sollen abwechslungsreich gestaltet sein und aktiv die motorische, kognitive und psychosoziale Entwicklung der Schüler*innen fördern.

Abwechslungsreiche Spiel- und Sportangebote auf den Schulhöfen bieten Anreize zur Bewegung und für gemeinsames Spiel. Neben den intensiv bespielten Schulhofflächen sind idealerweise Zonen für selbstbestimmtes und kreatives Spiel mit vorzusehen. Hierfür eignen unter anderem auch naturnah gestaltete Schulhofflächen.

Niedrigseilkletteranlage auf dem Schulhof der Reventlouschule

Im Schulalltag, auch in der Nutzung der Schulfreiräume spielt Kommunikation im Sinne der Interaktion und des sozialen Miteinanders junger Menschen eine gewichtige Rolle. Bei der Gestaltung der Schulhöfe als Orte der Begegnung junger Menschen sind angemessene Möglichkeiten für unterschiedliche Formen der Kommunikation zu berücksichtigen. 

Schulhöfe sollen geschützte Kommunikationsräume differenziert, für kleine und mittelgroße Gruppen bieten. Dies kann beispielsweise durch die Schaffung ansprechender und gut platzierter Sitzgelegenheiten und Treffpunkte erzielt werden. Intime Kommunikationsräume bilden einen wichtigen Beitrag zur Gendergerechtigkeit leisten. Treffpunkte und Sitzbereiche lassen sich mit Erholungsorten kombinieren und können diese bereichern.

Eine Schulhofgestaltung soll selbstverständlich die vielfältigen Aspekte der Barrierefreiheit aufweisen und damit die Teilhabe aller Nutzer*innen garantieren. 

Generell sollen alle Kieler Schulhöfe einen barrierefreien Zugang aufweisen und so gestaltet sein, dass grundsätzlich die Möglichkeit der Teilhabe für alle Nutzer*innen und die Pausenaufsicht besteht. Dies lässt sich durch eine allgemeine barrierefreie Gestaltung erzielen und insbesondere durch Spiel, Sport und Erholungsangebote bei denen Schüler*innen mit Behinderung gleichermaßen teilnehmen können.

Für die Kieler Förderzentren sind Gestaltungskonzepte in enger Zusammenarbeit zwischen Planer*innen und Schulpädagog*innen zu entwickeln, die gezielt Schüler*innen mit körperlichen und geistigen Behinderungen fördern. Wichtige pädagogische Themen sind hierbei Sinnesanregung, Bewegung und Kontemplation. 

Spielfläche mit blau gestreiftem Gummibelag, darauf verschiedene Spielobjekte; Hängematte, Balancierstrecke, rollstuhlgerechtes Karussell.
Barrierefreie Schulhofgestaltung Lilli-Nielsen-Schule

Die Unterhaltungspflege, Wartung und Erneuerung der Kieler Schulfreianlagen stellt eine große Herausforderung für die Stadtverwaltung dar, da durch die intensive Nutzung der Flächen und Ausstattung ein hoher Nutzungsdruck besteht und eine adäquate Pflege Zeit- und Personalaufwändig ist. Die Belange der Unterhaltung müssen im Planungsprozess bewertet und vor einer Neuinvestition abschliessend geklärt werden.

Im Aktionsplan Schulhöfe wird die Umsetzung von Sicherheitsstandards für Schulen wie die DGUV-Richtlinie festgelegt. Im Planungsprozess sind durch Fachleute relevante Nutzungsaspekte der Planung zu bewerten und abzugleichen und sicherheitstechnische Anforderungen umzusetzen. Spielgeräte sollen grundsätzlich die motorische Entwicklung der Kinder fördern. Hierzu ist es auch notwendig, dass Herausforderungen beim Spielen, Klettern und  Balancieren gemeistert werden .

Kinder müssen lernen Gefahren einzuschätzen und sich selbst kennenzulernen. Sicherheit bedeutet nicht gleich, dass Spielgeräte die Kinder unterfordern. Im Zuge der Planung ist es wichtig zu klären, in wie weit Gefahrenpotentiale in Bezug auf die Beschaffenheit von Spielgeräten und deren örtlichen Kontext auf die anvisierte spezifische Schulhofnutzung bestehen. Ausstattungsobjekte sind mit Bedacht auszuwählen, sodass Nutzungskonflikte und Unfallgefahren so gering wie möglich gehalten werden.

Mehr zur DGUV-Richtlinie erfahren

Schulhöfe können einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Biodiversität und zur Abmilderung der Folgen des Klimawandels in der Stadt leisten. Mit dem Masterplan 100% Klimaschutz wird die Klimaneutralität der Landeshauptstadt Kiel bis zum Jahr 2050 in den Fokus gestellt.

Aspekte des nachhaltigen Bauens und des Klimaschutzes sollen bei der Neugestaltung von Schulhöfen angewandt werden. Hierbei sind Klimaziele und Ziele einer nachhaltigen Standortentwicklung umzusetzen.  

Der Versiegelungsgrad der Kieler Schulhöfe und der Zustand der befestigten Flächen wurde in der Bestandsaufnahme zum Aktionsplan Schulhöfe untersucht. Ansätze zur Entsieglung bestimmter Schulhöfe lassen sich hieraus ableiten. Bei der Umsetzung von Baumaßnahmen können unter Berücksichtigung des Zero-Waste-Konzepts zudem aktiv Ressourcen geschont und CO2-Emissionen eingespart werden. 


Bestandsaufnahme- und bewertung

Pausenhof in einem schlechten baulichen Zustand
Bestandsfeststellung Schulhof Gemeinschaftsschule Hassee - 2018

Aus einer örtlichen Bestandsaufnahme und einer Bestandsdatenanalyse wurde als erster Schritt des Aktionsplan Schulhöfe zwischen 2018 und 2021 die bauliche Situation und die Qualität der Schulhöfe nach unterschiedlichen Kriterien für jede der insgesamt 49 städtischen Schulen bewertet und Handlungsbedarfe ausgewertet. 

Aus der Bestandsaufnahme und dem Schulbauprogramm wurde eine Priorisierung der Schulhofsanierungsmaßnahmen abgeleitet. Die Ergebnisse der Bestandsanalyse wurden im Teil -A des Berichts zum Aktionsplan Schulhöfe zusammengefasst. 

Kriterien der Bestandsanalyse:

  • öffentliche Zugänglichkeit des Schulhofes
  • Barrierefreiheit des Schulaußengeländes<
  • spiel-/bewegungspädagogische Angebote auf dem Schulgelände
  • naturpädagogische Angebote auf dem Schulgelände
  • allgemeiner Erhaltungszustand


Zukunft Gestalten - Priorisierung neuer Projekte

Im Zusammenspiel mit dem Schulbauprogramm und auf Grundlage der Bestandsbewertung wird die Umsetzung von Schulhoferneuerungsmaßnahmen abgestimmt.  Aufgrund beschränkter Kapazitäten und Ressourcen ist eine Priorisierung zur Umsetzung von umfassenden Sanierungsmaßnahmen notwendig. 

Für Schulstandorte die einen hohen Sanierungsbedarf haben aber nicht kurzfristig im Rahmen einer umfangreichen Sanierungsmaßnahme aufgewertet werden können, ist es notwendig mit Übergangslösungen Abhilfe zu schaffen. Dazu gehören beispielsweise mobile Spielgeräte, Hüpfspiele und Verkehrsübungsstrecken. 

In der aktuellen Priorsierung sind neben bereits laufenden Projekten die Fröbelschule, die Ricarda-Huch-Schule, die Gemeinschaftsschule Friedrichsort, die Hebbelschule und das Gymnasium Elmschenhagen für umfassende Neugestaltungen in den kommenden Jahren festgelegt worden. (Stand 08/2022)

Die Priorisierung wird regelmäßig fortgeschrieben und den städtischen Gremien in einem Turnus von zwei Jahren vorgestellt.  


Best Practice-Beispiele

Anhand des 2020 bis 2022 realisierten Projekts, der Schulhofneugestaltung der Lilli-Marius-Schule, lässt sich die Umsetzung von wesentlichen Qualitätskriterien, sowie einer gelungenen Projektabwicklung gut veranschaulichen. 

Das Projekt wurde als Teil der baulichen Schulstandortentwicklung im Zusammenhang mit einer Leitungssanierung entwickelt. Dadurch, dass wichtige Aspekte der Qualitätskriterien und individuelle Wünsche einer durchgeführten Beteiligungsaktion berücksichtigt wurden entstand eine qualitätsvolle Gestaltung mit einem hohen Identifikationswert. Wünsche wie Outdoor – Fitnessgeräte, Hängematten, ein Multifunktionssportfeld und ein attraktiver Aufenthaltsbereich konnten in die Planung aufgenommen und umgesetzt werden.

Auch veranschaulicht die Umgestaltung des Pausenhofs der Gemeinschaftsschule Hassee und der Außenstelle der Friedrich-Junge-Schule in der Gellertstraße, bei der ein Verkehrsparcours und ein Niedrigseilgarten nach Wünschen der Schule realisiert wurden, dass auch durch kleinere Aufwertungen die Qualität der Schulhöfe erheblich verbessert werden kann.

Die dargestellten Schulhöfe können nun als Orte der Kontemplation, der Interaktion und Spielaktivität in vielschichtiger Weise einen wichtigen Beitrag zur Bereicherung des Schulalltags der Schüler*innen und zum Ausgleich der geistigen Leistungen im Schulunterricht leisten.
 

Best Practice-Galerie
Lilli-Martius-Schule, neugestaltes Amphitheater
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Pflasterfläche und eingefasste Grünfläche mit Sitzkante; Tischtennisplatten und Pavillon
Lilli-Martius-Schule - neugestalteter Schulhof, der unter Beteiligung der Schüler*innen aufgewertet wurde
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Bänke und Tische, ein eingefasster Baum mit Sitzmöglichkeiten
Lilli-Martius-Schule, neugestalteter Sitzbereich
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Aufwertung des mittleren Schulhofs der GemS Hassee, 2022 - Hüpfspiel und Kletteranlage
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Neuer Sitzbereich an der Gemeinschaftsschule Hassee
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Friedrich-Junge-Schule, Gellertstraße - Verkehrsübungsstrecke
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Spielgerüste auf einer Sandfläche
Friedrich-Junge-Schule, Gellertstraße - Aufwertung des Schulhofs für die temporäre Nutzung durch die Grundschule
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