EHRENBÜRGER*INNEN VON KIELKlaus Groth (1819 - 1899)
Lyriker, Professor für deutsche Sprache & Literatur
* 24.04.1819 Heide
† 01.06.1899 Kiel
Verleihung am 14.04.1899
Klaus Groth wurde am 24. April 1819 als Sohn eines selbständigen Müllers in Heide geboren. Bis zu seiner Einschulung wuchs er in einer sprachlich rein niederdeutschen Umgebung auf. Die Schule besuchte Groth in Heide. Er war meist Klassenbester und wurde von seinen Lehrern sehr gefördert.
Nach der Konfirmation 1835 war Groth Schreiberlehrling beim Kirchspielvogt, der über eine umfangreiche Bibliothek verfügte, die Groth intensiv nutzte. Daher bestand er die Aufnahmeprüfung am Lehrerseminar in Tondern, das er 1838 bis 1841 besuchte. Das Examen schloss er mit „sehr rühmlicher Auszeichnung“ ab. Danach wurde er zunächst Substitut, 1842 dann Lehrer an der Mädchenschule in Heide.
Auf Fehmarn entsteht der "Quickborn"
In seiner Freizeit beschäftigte sich Groth mit europäischer Literatur, Mathematik, Naturwissenschaften und Musik und war Mitbegründer der Heider Liedertafel. Er schrieb in dieser Zeit auch erste Gedichte, allerdings in hochdeutsch. Aus gesundheitlichen Gründen und wegen einer unglücklichen Liebe verließ Groth 1847 Heide. Sein Freund, der Lehrer Leonhard Selle, nahm ihn in seinem Haus in Landkirchen auf Fehmarn auf. Groth blieb hier sechs Jahre und schied 1849 aus dem Schuldienst aus.
Auf Fehmarn entstand Groths bedeutendstes Werk, der „Quickborn“, der den Untertitel trägt „Volksleben in plattdeutschen Gedichten in Dithmarscher Mundart“. Es erschien 1852 mit 58 Gedichten. „Der 'Quickborn' ist mehr als eine Sammlung von Gedichten; es ist ein sehr sorgfältig komponiertes Werk, in dem das Ziel verfolgt wird, einer Landschaft – Dithmarschen – und ihren Menschen in deren eigener Sprachform poetische Gestalt zu verleihen. Aus Verserzählungen und Balladen, Liebesgedichten und Kinderliedern, historischen Liedern und Spruchdichtung fügt sich ein geschlossenes Bild des Dithmarscher Volkslebens“ (Eckhardt Opitz).
Mit diesem Werk und zahlreichen Aufsätzen zur Sprachforschung legte Groth den Grundstein zur niederdeutschen Literatur. Er „hat das Niederdeutsche nach 300 Jahren wieder literaturfähig gemacht. Das ist sein Verdienst“ (Reinhard Goltz).
Groth wird Kieler
Das Werk von Klaus Groth fand weite Beachtung, so u. a. durch Alexander von Humboldt, Theodor Mommsen, Hans Christian Andersen, Theodor Storm und Theodor Fontane. Mehrere Lieder wurden vertont, z. B. von Johannes Brahms.
Karl Müllenhoff, Professor für deutsche Sprache und Literatur an der Christian-Albrechts-Universität, holte den kranken und mittellosen Groth 1853 nach Kiel. Der Stadt blieb er bis zu seinem Tode treu. Im Sommer wohnte Groth in einem Nebengebäude der Seebadeanstalt in Düsternbrook, im Winter bei „Mutter Brandis“, die in der Faulstraße 17 eine Pension für junge Leute betrieb. Vom Herbst 1854 bis Frühjahr 1855 arbeitete Groth täglich mit Müllenhoff für Erweiterungen und Neuauflagen des „Quickborn“ zusammen.
Wie häufig kränklich, unternahm Groth 1855 zur Erholung eine Reise. Sie führte ihn nach Bonn, wo er mit bedeutenden Professoren zusammentraf. 1856 erhielt er von der dortigen Universität wegen seiner Dichtung und Sprachforschung den Ehrendoktor der Philosophie. Die Reise ging dann weiter in die Schweiz und über Leipzig und Dresden nach Thüringen. Erst 1857 kehrte Groth nach Kiel zurück.
1859 heirate Klaus Groth Doris Finke, die Tochter eines Bremer Weingroßhändlers. Mit Unterstützung des Schwiegervaters konnte Groth 1865 am Schwanenweg ein Grundstück erwerben, auf dem er ein Haus baute, in dem er bis zu seinem Tode lebte.
Der ersehnte Professorentitel
Klaus Groth, der nun Doktor honoris causa der Philosophie war, hatte damit das Recht, an allen Universitäten Vorlesungen zu halten. So eröffnete er Müllenhoff, dass er sich habilitieren wolle. Für den Professor war das ein unfassbarer Gedanke. Einer, der weder ein Gymnasium, noch eine Universität besucht hatte, nur Seminarist und Lehrer an einer Mädchenschule gewesen war, wollte akademischer Lehrer werden.
Nach Meinung Müllenhoffs war Groth ein bedeutender Dichter, aber kein Akademiker. Müllenhoff entgegnete Groth: “Dann müssen Sie Mathematik für angehende Mediziner lesen“. Zwischen ihm und Groth kam es daraufhin zum Bruch.
Aber dennoch habilitierte sich Groth an der Kieler Universität und hielt am 1. Dezember 1858 seine erste Vorlesung über deutsche Dichtung. Außer Studenten fanden sich auch Kieler Bürger zu den Vorlesungen ein, so dass der zweitgrößte Hörsaal der Universität gebraucht wurde. Als Müllenhoff 1858 einen Ruf nach Berlin erhielt, bekam Groth die ersehnte Professur nicht. Die Kieler Professoren lehnten den Autodidakten ab.
Erst 1866, als Holstein unter österreichischer Verwaltung stand, erfuhr Groth Genugtuung. Er berichtet seinem Freund Selle: „Gestern schloss ich meine öffentliche Vorlesung. Beim Herabsteigen vom Katheder erklärte mir der Herr Ziviladlatus Ministerialrat von Hofmann, 'dass seine Exzellenz, der Statthalter, in Anerkennung der hervorragenden Verdienste des Herrn Privatdozenten Klaus Groth um die vaterländische Sprache und Poesie auf Antrag der Landesregierung ihm sein Jahrgeld erhöhe und gleichfalls im Hinblick auf seine ruhmreichen dichterischen Leistungen als auch auf seine anregende akademische Tätigkeit, dem ferneren Vorschlage der Landesregierung folgend, ihm den Titel eines Professors verleihe'.“
Ein angesehener Bürger der Stadt
In Kiel war Groth ein angesehener Mann, in dessen Haus am Schwanenweg Schriftsteller, Maler und Musiker verkehrten. Groth arbeite weiter an seiner Dichtung, auch der zweite Teil des „Quickborn“ entstand. Insgesamt hatten die Spätwerke Groths jedoch nicht mehr die Bedeutung des ersten „Quickborns“.
Zum 80. Geburtstag Groths am 24. April 1899 verlieh die Stadt Kiel Klaus Groth das Ehrenbürgerrecht wegen der „Wiederbelebung der niederdeutschen Sprache“.Wenige Wochen später, am 1. Juni 1899, verstarb Klaus Groth in Kiel. Eine große Trauergemeinde, darunter Vertreter der Universität, des Kaisers, der Stadt, der Provinzialverwaltung und der Vereine, nahm von ihm Abschied. Sein Ehrengrab befindet sich auf dem Südfriedhof.
Sein Haus am Schwanenweg wurde abgerissen, an seiner Stelle, heute Klaus-Groth-Platz 1, entstand das Krankenhaus „Quickborn“. 1989 ging das Gebäude in das Eigentum des DRK über.
Am Kleinen Kiel im Ratsdienergarten steht seit 1912 ein Klaus Groth Denkmal, das Heinrich Mißfeldt gestaltete. Eine Statue in Bronze zeigt den Dichter auf einem Sockel stehend, umgeben von Reliefs, die Bezug zum „Quickborn“ haben.
1943 wurde die Bronzefigur für Kriegzwecke demontiert, durch ein Glück aber nicht eingeschmolzen. Nach dem Krieg wurde sie in Hamburg-Wilhelmsburg auf einem Schrottplatz entdeckt. Sie hatte die Bezeichnung „Unbekannter alter Mann, großer Zivilist“ im Gegensatz zu all den anderen uniformierten Größen auf dem Schrottplatz. Die Stadt Kiel kaufte die Statue zum Schrottpreis von 801,90 DM zurück. Im Juni 1949 wurde sie feierlich an ihrem alten Platz enthüllt.
Text: Christa Geckeler
Literatur & Zeitungen
- Stadtarchiv Kiel Akte Nr. 9228: Verleihung des Ehrenbürgerrechts an den Prof. Dr. Klaus Groth
- Bichel, Ulf: Groth, Claus (Klaus) Johann, in: Hans-F. Rothert (Hg.): Kieler Lebensläufe aus sechs Jahrhunderten, Sonderveröffentlichung der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Band 55, Neumünster 2006, Seite 108-110
- Kiesel, Marianne: Kunst im Freien und Denkmale in Kiel und Umgebung, Kiel 1993, Seite 27
- Opitz, Eckhardt: Die unser Schatz und Reichtum sind. 60 Portaits aus Schleswig-Holstein, Hamburg 1990, Seite 198-203
- Seelig, Geert: Klaus Groth, sein Leben und Werden, Hamburg 1924
- Kieler Express vom 24. April 1999
- Kieler Nachrichten vom 14. Mai 1949, vom 23. Juni 1949, vom 2. Januar 1950, vom 24. April 1969, vom 28. Mai 1974, vom 17. Mai 1990, vom 22. April 1999
- Schleswig-Holsteinische Volks-Zeitung vom 24. April 1959