Prof. Dr. Gertrud Savelsberg

Foto Prof. Dr. Gertrud Savelsberg
Prof. Dr. Gertrud Savelsberg | Foto: Stadtarchiv Kiel

Geboren am 3. Februar 1899 in Ramsbeck/Westfalen

Auch für die Kieler Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlerin Gertrud Savelsberg steht das menschliche Wohlergehen im Vordergrund.

Als langjährige Mitarbeiterin des Instituts für Weltwirtschaft forscht sie nach Verbesserungsmöglichkeiten sozialer Arbeits- und Lebensbedingungen, die sich in kausalen wirtschaftlichen Zusammenhängen weltweit bewähren können.

1899 im westfälischen Ramsbeck geboren, wächst Gertrud Savelsberg in einer wohlhabenden Familie in Aachen auf. Dort besucht sie die Schule und beendet diese 1918 mit dem Abitur.

Während des Ersten Weltkrieges hilft Gertrud als Schülerin in Lazaretten und Suppenküchen aus und arbeitet im Rahmen der Kriegsfrauenhilfe in der Heeresnähstelle. Diese Dienste geben ihr einen frühen Einblick in soziale Bereiche und regen sie an, Fragen nach sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhängen zu stellen.

Ab dem Wintersemester 1918/19 hört Gertrud Savelsberg volkswirtschaftliche Vorlesungen an der technischen Hochschule in Aachen und schreibt sich ein Jahr später an der Universität in Freiburg ein. Hier und ab 1921 in Kiel studiert sie Sozialökonomik. Schon drei Jahre später legt sie ihre Dissertation mit dem Titel Der internationale Frauenschutz und das Problem der Frauenarbeit vor.

Nach ihrer Promotion 1924 kehrt Gertrud Savelsberg nach Aachen zurück. Dort ist sie von 1926 bis 1936 als Assistentin im Wirtschaftswissenschaftlichen Institut der Technischen Hochschule tätig. Nach ihrer Habilitation in Wirtschaftlichen Staatswissenschaften im Jahr 1930 übernimmt sie eine Dozentur an diesem Institut. 1939 wechselt sie an die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und wird wissenschaftliche Mitarbeiterin der Bibliothek des Instituts für Weltwirtschaft. 1941 folgt die Umhabilitation nach Kiel.

1942 ist Gertrud Savelsberg maßgeblich am Erhalt der Bibliothek des Instituts für Weltwirtschaft beteiligt. Der gesamte Bestand wird nach Ratzeburg ausgelagert, wo er den Krieg unbeschadet im Seitenschiff des Ratzeburger Doms übersteht. 1949 werden die dort ausgelagerten Bücher und das Mobiliar in einer aufwändigen Transportaktion mit 104 LKWs nach Kiel zurückgebracht. Die gesamte Aktion ist von ihr so gut geplant, dass kein Buch länger als zehn Stunden der Benutzung entzogen wird.

1944 wird Gertrud Savelsberg zur außerplanmäßigen Professorin ernannt. An der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Kieler Universität lehrt und forscht sie auf dem Gebiet der Sozialpolitik sowie der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Quellenkunde. Sie ist weiterhin in der Bibliothek des Instituts für Weltwirtschaft beschäftigt und betreut dort das internationale Schrifttum.

Gebäude
Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel vor dem Zweiten Weltkrieg | Foto: Stadtarchiv Kiel

Im Jahr 1949 avanciert Gertrud Savelsberg zur stellvertretenden Direktorin der Bibliothek; hier trägt sie wesentlich zur Wiederaufnahme des Wissenschaftsbetriebes im Institut für Weltwirtschaft bei. Als Referentin für den internationalen Sektor der Bibliothek beschäftigt sie sich mit Fragen der internationalen Zusammenarbeit und des Ausbaues des internationalen Arbeitsschutzes; sie sucht nach Verbesserungsmöglichkeiten der sozialen Verhältnisse, Arbeits- und Lebensbedingungen.

Gertrud Savelsberg ist von der Notwendigkeit einer internationalen Sozialpolitik überzeugt und betrachtet die Volkswirtschaft nicht als Selbstzweck, sondern als ein Mittel, um dem einzelnen Menschen ein „anständiges“ und freies Leben zu ermöglichen.

Neben Forschung und Vorlesungen an der Universität liegt die gesamte Bibliotheksverwaltung in ihrer Zuständigkeit. Außerdem hat sie ein umfangreiches eigenes Referat zu bearbeiten: international vergleichende wissenschaftliche Probleme der Sozialpolitik sowie Veröffentlichungen der UNO und ihrer Unterorganisationen.

Trotz ihres außergewöhnlichen und qualifizierten Einsatzes für die Bibliothek des Institutes für Weltwirtschaft wird sie bei der anstehenden Neubesetzung des Direktorenpostens übergangen.

Als der Direktor Wilhelm Gülich im April 1960 stirbt, wird nicht die bislang stellvertretende Direktorin Gertrud Savelsberg zu seiner Nachfolgerin bestimmt, sondern Dr. Erwin Heidemann, einer ihrer ehemaligen Studenten, übernimmt die Position. In der öffentlichen Darstellung des Instituts für Weltwirtschaft wird Gertrud Savelsberg nur ein einziges Mal, und zwar im Mitarbeiterverzeichnis, namentlich erwähnt.

Gertrud Savelsbergs Ansicht, der Mensch sei nicht für die Wirtschaft, sondern die Wirtschaft für den Menschen da, äußert sich auch in ihrer Mitgliedschaft im Verein für Sozialpolitik und in der Gesellschaft für sozialen Fortschritt. Anfang 1964 geht sie in den Ruhestand, ohne vergleichbare Würdigung, die ein Mann in ihrer Position sicherlich erhalten hätte.

Sie stirbt am 5. August 1984 in Kiel im Alter von 85 Jahren.



(aus: Nicole Schultheiß: "Geht nicht gibt's nicht ..."
24 Portraits herausragender Frauen aus der Kieler Stadtgeschichte. Kiel 2007)

2009 beschloss die Ratsversammlung, im Neubaugebiet Steenbeker Weg Straßen nach herausragenden Kieler Frauen zu benennen. Eine von ihnen heißt Gertrud-Savelsberg-Weg.