Internationales Kiel
Wir bauen Brücken

Einleitung

Wer sind die Personen, die die internationalen Partner­schaften Kiels prägen und voranbringen? Es sind Menschen aus den Verwaltungen, aus der Zivil­gesellschaft, aus allen Lebens­bereichen wie Kultur, Bildung oder Sport. Sie setzen sich ein für grenz­überschreitende Zusammen­arbeit und bauen Brücken in andere Kulturen.

Jeden Monat stellen wir eine*n Brückenbauer*in aus Kiel oder aus den Partnerstädten in einem Kurzinterview vor. Sie kennen Leute, die unbedingt dazugehören? Dann lassen Sie uns das gerne wissen.

Moshi District
Astrid Großgasteiger - Junges Theater im Werftpark

Lachende blonde Frau in gestreifter Bluse vor hellem Vorhang.
Astrid Großgasteiger, Foto: Kate Watson.

Wer bist du und was genau machst du?

Mein Name ist Astrid Großgasteiger. Ich bin Regisseurin und die künstlerische Leitung des Jungen Theaters im Werftpark. Als Regisseurin bringe ich zusammen mit den Schauspieler*innen, dem Ausstattungsteam und dem technischem Team Theaterstücke auf die Bühne. Als Leitung des Theaters bin ich zudem unter anderem für den Spielplan, die gesamten Mitarbeiter*innen und weitere administrative Prozesse verantwortlich.

Das Junge Theater im Werftpark ist das Haus für junges Publikum des Theaters Kiel. Zwischen Ellerbek und Gaarden – mitten im Werftpark – verfügt es über mehrere Spielstätten unterschiedlicher Größe. In jeder Spielzeit entstehen neue Stücke, die sich sowohl an Kinder ab zwei Jahren bis hin zu (jungen) Erwachsenen richten. Wir zeigen Stückentwicklungen, Klassikerbearbeitungen, neue Dramatik genauso wie Märchen und Romanadaptionen. 

Die fünf festengagierten Schauspieler*innen und Gäste stehen pro Jahr mehr als 200-mal auf der Bühne. Ergänzt wird das Programm mit internationalen Gastspielen und festen Gastspielgruppen, wie DeichArt, Tante Salzmann, Merle /Mischke / Klee oder nordbretter. Wir spielen für Kitas, Schulen und für freies Publikum. Bei uns im Werftpark kann man aber auch selbst Theaterluft schnuppern, wir haben mehrere Mitmachangebote: vom Backstageclub, Kidsclub und Jugendclub über den Studierendenclub bis hin zu unserem Mehrgenerationenclub. Geleitet werden diesen von unseren Theatervermittler*innen. Diese vielfältigen Aufgaben unter einem Dach zusammenzubringen ist meine Aufgabe.

Worum geht es in deinem aktuellen Projekt zwischen Kiel und Moshi District?

Wir haben unsere Kooperation mit Moshi District „The Global Future – Kultur gemeinsam gestalten“ genannt. Angefangen haben wir im Jahr 2021 mit dem Audiowalk „Kumbukumbu – Vergessenen Stimmen auf der Spur“, der sich mit der Kolonialgeschichte Kiels, den Auswirkungen auf die damalige Kolonie Deutsch-Ostafrika und dem Leben im heutigen Tansania beschäftigt. Den Hörspielspaziergang durch Kiel kann man jederzeit selbstständig auf dem eigenen Mobiltelefon durchführen.

Mit unserem letzten Projekt im Herbst 2022 konnten wir die Zusammenarbeit vertiefen. Zwei Kulturbotschafter aus Tansania konnten sechs Wochen mit uns hier in Kiel arbeiten. Beno John Chuwa und Benedict Felix Sandy in Kiel haben uns also über mehrere Wochen begleitet. Sie konnten die theaterbezogene Arbeit mit und in Schulen und Kitas kennenlernen, selbst Workshops und Vorträge geben, sie haben Proben begleitet und künstlerische Prozesse erfahren, sie haben bei den verschiedenen Spielclubs am Werftpark hospitiert und erfahren, wie die Zusammenarbeit mit Institutionen und Organisationen (zum Beispiel dem Haus der Begegnung oder dem Kinderhospiz u. a.) Teil der hiesigen kulturellen Arbeit ist.

Selbstverständlich stand auch der Austausch künstlerischen Schaffens, ein Einblick in den Alltag in Tansania, in die gesellschaftlichen, künstlerischen und familiären Strukturen auf unserem gemeinsamen Programm. Benedict und Beno waren für uns die idealen Partner. Beno Chuwa ist Lehrer an einer staatlichen Primary School, hat Kunst, Kultur & Sport studiert, er stammt aus der Kilimanjaro Region und hat umfangreiche Kenntnisse über das kulturelle Erbe der Region und über den Chagga Tribe. Benedict Sandy ist Mitarbeiter im Schulamt von Moshi District, ihm unterstehen über 100 Schulen mit insgesamt circa 40.000 Schüler*innen. Wir konnten uns hervorragend mit ihm austauschen. Der bilaterale Austausch bei der Konzeptionsarbeit auch künftiger Projekte ist für alle Beteiligten ein großer Gewinn an Wissen.

Verbindend waren für uns von Anfang an gesellschaftspolitische Fragestellungen und deren künstlerische Umsetzung. Neben dem Thema (Post)Kolonialismus, stehen kulturelle Bildung und Klima an oberster Stelle. In unserer konkreten Planung haben wir uns deshalb entschieden eines der globalen Themen gemeinsam weiter zu erkunden. Nach dem Besuch von Benedict und Beno machen sich einige Vertreter*innen des Jungen Theaters im Werftpark auf zu einem Gastspiel und Schulworkshops in Tansania. Wir werden mit „Der Traum vom Wald“ – einem Kinderstück zum Klimawandel – nach Moshi reisen.

Zwei Männer führen eine Theaterperformance vor.
Die zwei Kulturbotschafter aus Moshi District bei einer Aufführung im Werftpark-Theater, Foto: Theater Kiel.

Weshalb findest du internationale Arbeit wichtig?

Wir brauchen definitiv mehr Kooperation mit Partner*innen auf dem afrikanischen Kontinent. Und damit meine ich: Kooperation auf Augenhöhe. Der prognostizierte Temperaturanstieg und somit die drohende Austrocknung der üblichen Wasserquellen sind für Tansania verheerend. Als Verbrauchende der Ressourcen und Zerstörende des Klimas müssen wir unsere Verantwortung ernst nehmen, diese Verantwortung ist lokal und global! 

Die globale Zukunft darf dabei aber nicht einseitig besprochen werden und zu dieser Zukunft gehört auch die kulturelle Teilhabe. Für (junge) Menschen Räume zu (er)schaffen, in denen sie Zugänge bekommen, die über bloße Information hinausgehend, Emotionen zulassen und ihnen Wege des Eingreifens aufzeigen und Hoffnung zu geben, ist Aufgabe des Theaters. Sich Utopien erspielen zu können und sich kreativ mit großen und komplexen Zusammenhängen auseinandersetzen dafür sind theatrale Räume gedacht. 

Für uns als Europäer*innen ist es dabei wichtig, immer wieder unsere privilegierte Position zu hinterfragen, zu einer neuen gemeinsamen Offenheit zu kommen, die vor allem auf Vertrauen, auf Kommunikation und Zusammenarbeit basiert. Wir können künstlerisch und persönlich so viel über uns selbst und unsere kulturellen Strukturen lernen, wenn wir bereit sind uns von anderen inspirieren zu lassen und einen Blick von außen auf uns selbst zu werfen.

Zwei dunkelhäutige Herren in Sportjacken vor dem EIngang ins Werftpark-Theater.
Beno und Benedict aus Moshi District vor dem Eingang ins Werftpark-Theater, Foto: Theater Kiel.

Was würdest du anderen Engagierten, die ein internationales Projekt planen, mit auf den Weg geben?

Um solche globalen Projekte nachhaltig gestalten zu können, ist es wichtig Kontinuität aufzubauen und Strukturen zu etablieren. Das gegenseitige Kennenlernen und gemeinsame Planen sind wichtig Bausteine. Selbst wenn erstmal kleine Schritte und ein erstes Projekt geplant werden, sollte man im Hinterkopf Ideen für den weiteren Weg und Größeres haben. Vor allem darf man mutig sein, bereit sein flexibel sein Vorhaben immer wieder anzupassen.


Die Interviews der vergangenen Monate

Januar 2022

Februar 2022

März 2022

April 2022

Juli 2022

August 2022

September 2022

Oktober 2022

November 2022

Dezember 2022

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